Peter Hacker: "Wien kann nicht die Krot fressen"
Peter Hacker, Chef des Fonds Soziales Wien (FSW), über den künftigen Bürgermeister, die Mindestsicherung und die Probleme in der Pflege.
KURIER: Michael Ludwig ist neuer Wiener SPÖ-Chef. Erwarten Sie sich von ihm einen schärferen Kurs in der Asylpolitik? Peter Hacker: Ich halte es für wurscht. Wir können in Wien asylpolitische Aussagen treffen so viele wir wollen, wir sind dafür nicht zuständig. Das ist Bundespolitik. Wir sind dafür zuständig, dass es ein Essen, ein Dach über dem Kopf und einen Deutschkurs für ein paar Leute gibt. Das Thema hat längst eine Bedeutung, die es nicht verdient und lenkt ab von Themen, die tausendmal wichtiger sind.
Zum Beispiel die Abschaffung des Pflegeregresses. Merken Sie schon einen Zuzug in den Pflegeheimen?
Seit Mitte Jänner steigt die Nachfrage dramatisch. Im gesamten Jänner haben wir eine Steigerung von über 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Nachfrage explodiert. Damit haben wir auch gerechnet. Wir merken auch einen sehr großen Druck in privaten Pflegeeinrichtungen. Wir brauchen klare Regelungen, was wir jetzt in dieser Situation tun sollen.
Gibt es genug Plätze in Wien?
Wir werden heuer noch auskommen, auch in den Worst-Case-Szenarios. Aber wir sind weit über den Kalkulationen, die, wer auch immer, im Bund angestellt hat. Das brennt schon unter den Nägeln. Wurscht, wo du andrückst, beim Bund sagt jeder: Ich nicht, der andere.
Was halten Sie von Ludwigs Überlegung, eine Wartefrist beim Bezug von Sozialleistungen in Wien einzuführen?
Ich bin an sich gegen die Wartefrist. Ich bin dafür, dass sich Österreicherinnen und Österreicher in solchen Fragestellungen nicht an den Grenzen der Bundesländer orientieren müssen. Diese politischen Bundesland-Spiele, die versteht doch im echten Leben kein Mensch.
Trotzdem kündigten die Bundesländer die 15a-Vereinbarung über den Kostenersatz bei der Mindestsicherung auf.
Zweifelsohne hat die Mindestsicherungsvereinbarung einen Haufen Dinge, wo sie hätte verbessert werden können. Aber aus Jux und Tollerei ein Zeichen zu setzen, ist absurd. Es kann sein, dass uns nichts anderes übrig bleibt, als über Wartefristen nachzudenken, wenn alle anderen über Wartefristen nachdenken. Es kann nicht sein, dass am Ende des Tages Wien die Krot frisst.
So ist es aber jetzt.
Daher ist es gar keine Frage von Wollen oder nur von politischer Überzeugung: Letzten Endes wird uns die Notwendigkeit dazu zwingen, über solche Mechanismen nachzudenken. Es kann nicht sein, dass sich Bundesländer im indirekten Spiel über die Bande aus der Verantwortung für ihre Landesbürger nehmen.
Die FPÖ will Asylzentren am Stadtrand schaffen und private Unterbringung stoppen. Sie haben damals Gespräche angekündigt, gab es die schon?
Gar nichts, null. Es gibt weder Termine noch Einladungen.
In einem Pflegeheim in Kirchstetten, NÖ, sollen Patienten gequält worden sein. Die Verdächtigen arbeiteten danach in Wien weiter. Welche Konsequenzen wurden gezogen?
Ich hab’ damals gesagt, wir müssen nachdenken, die Form der Berufsregistrierung, wie sie für diplomierte Pflegekräfte heuer in Kraft tritt, auch in anderen Sozialbetreuungsberufen einzuführen. Etwa für Pflegehelfer oder Sozialbetreuer. Das sind Berufsgruppen, die es österreichweit gibt, die aber landesgesetzlich geregelt sind. Daher diskutieren wir gerade, ob wir das als Land machen sollen oder ob wir das mit den Bundesländern darüber österreichweit machen. Das hätte den Nachteil, dass alles länger dauert.
Haben Sie immer noch keine Ambitionen, in die Politik zu gehen?
Erstens: ich bin in der Politik. Zweitens: ich habe einen supertollen Job, bei dem ich das Gefühl habe, viel von dem, was ich bewirken will, bewirken zu dürfen. Ich hab kein Bedürfnis, meine Job-Situation zu ändern. Michael Ludwig hat mich nicht gefragt, es haben keine Gespräche stattgefunden. Ich bin ganz entspannt.
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