Personalnot: Streit zwischen Stadt Wien und Ärztekammer eskaliert
Sechs Jahre ist es her, dass die Wiener Ärztekammer einen Streik der Ärzte in den Gemeindespitälern organisierte, um gegen die damals neuen Arbeitszeit-Regeln zu protestieren.
Nach langer Zeit relativer Ruhe kocht nun ein Konflikt zwischen Kammer und Stadt hoch, der das Potenzial hat, ähnlich zu eskalieren. Diesmal geht es um die sich immer mehr verschärfende Personalnot in den Wiener Spitälern. Zuletzt wurden gleich mehrere Gefährdungsanzeigen publik, in denen Mitarbeiter darauf hinwiesen, dass die Versorgung der Patienten deshalb bedroht sei. Etwa in der AKH-Urologie.
Die Kammer hat nun zwei Service-Videos auf Youtube hochgeladen, mit denen sie ihre Kollegen aktiv ermuntert, solche Anzeigen zu verfassen. Der für die Spitalsärzte zuständige Vizepräsident Stefan Ferenci erklärt darin, wann und wie diese verfasst werden sollen. So sollte idealerweise das gesamte Team unterzeichnen. Das sei wirksamer als eine Anzeige durch eine Einzelperson, rät er und verweist auf die Kammer-Homepage, auf der praktischerweise Formulare für Gefährdungsanzeigen zum Download bereitstehen.
Ausgefüllt soll diese dann an die Generaldirektion des Gesundheitsverbundes (Wigev), die Personalvertretung, aber auch an die Kammer weitergeleitet werden. Ferenci betont, dass keine der Anzeigen ohne Zustimmung der Verfasser veröffentlicht werde.
Bei zweien, die auf der Kammer-Homepage abrufbar sind, liegt diese offenbar bereits vor. Es handelt sich um jene aus dem AKH und jene der Kinderärzte aus der Klinik Floridsdorf, wo die Personalsituation, wie mehrfach berichtet, ebenfalls extrem angespannt ist.
Im Wigev ist man über das Vorgehen der Ärztekammer empört und spricht von einer „regelrechten Schmutzkübelkampagne“. „Die Aktionen werden mit Sicherheit nicht dazu beitragen, dass sich mehr Menschen für die Arbeit in unseren Kliniken entscheiden“, sagt Michael Binder, medizinischer Direktor.
Die Kammer müsse „endlich Teil der Lösung werden, anstatt ausschließlich auf Probleme hinzuweisen“, ergänzt Generaldirektorin Evelyn Kölldorfer-Leitgeb. So fordert man von den Ärztevertretern, ihren Widerstand gegen die Lockerung des strikten Ausbildungsschlüssels aufzugeben, um mehr Jungärzte zu gewinnen.
Harscher Konter
Ferenci kontert: „Anstatt dankbar zu sein, dass engagierte Ärzte über Missstände berichten, damit diese behoben werden können, greift die Wigev-Führung die eigene Ärzteschaft an.“
Täglich würden die Ärztekammer Berichte von Kollegen erreichen, dass es zu nachhaltigen Qualitätsverlusten in der medizinischen Versorgung durch das Missmanagement im Wigev kommt. „Unser Auftrag ist die bestmögliche medizinische Versorgung der Bevölkerung. Es wäre schön, wenn die Wigev-Führung zügig an der Behebung der Missstände arbeiten würde. Wir stehen mit unserem Know-how jederzeit zur Verfügung.“
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