Parkstrafen: Fast 1000 Wiener mussten 2015 ins Gefängnis

Parkstrafen: Fast 1000 Wiener mussten 2015 ins Gefängnis
Auch eine Polizistin häufte Strafmandate in der Höhe von 36.000 Euro an. Sie ist weiterhin im Dienst.

Parksünder gibt es viele. Wie der KURIER berichtete, liegt ausgerechnet eine Polizistin auf einem Spitzenplatz. 36.000 Euro an Strafen häufte die Wienerin in mehreren Jahren an und bekam deswegen gar ein Disziplinarverfahren – Rekordhalterin ist sie damit aber nicht. Laut der zuständigen Magistratsabteilung MA 6 gibt es in einem Fall sogar 44.000 Euro an unbezahlten Strafen.

Wer nicht zahlt, muss in letzter Konsequenz ins Gefängnis. So wie etwa jene Wienerin, die im Vorjahr in Haft musste, weil sie ihr Auto zwei Jahre ohne Parkpickerl in einer Kurzparkzone abstellte. Und das, ohne einen Führerschein zu besitzen.

Insgesamt traten im Vorjahr 939 Personen in Wien eine Ersatzfreiheitsstrafe an, bestätigt die MA 6, die die Anträge zum Strafantritt stellt. Die Zahl, wie viele Anträge gestellt wurden, gibt es für 2015 noch nicht, 2014 waren es aber 47.000 Anträge.

Zahlungswillen

Die MA 6 betont, dass niemand wegen Strafen ins Gefängnis muss. "Wer Zahlungswillen signalisiert, mit dem können wir Ratenzahlungen vereinbaren. Wichtig ist, dass man sich frühzeitig meldet", sagt ein Sprecher.

Im Fall der Polizistin geschah das nicht. Der Fall flog auf, als die MA 6 einen Pfändungsbescheid an die Landespolizeidirektion Wien sandte. Sie gab an, dass ihre Zahlungsunwilligkeit mit Schlamperei begonnen habe. Später sei dann die Belastung so groß geworden, dass sie sich damit nicht weiter konfrontieren wollte. Strafen und Mahnungen blieben so ungeöffnet liegen. "Ich habe keinen Ausweg gesehen", sagte die Beamtin. Eine Vorgehensweise, die öfter vorkommt, wie Alexander Maly von der Schuldnerberatung bestätigt (siehe Interview unten). Die Polizistin kam mit einer Disziplinarstrafe davon und versieht weiter ihren Dienst.

KURIER: Herr Maly, eine Beamtin zahlte 36.000 Euro an Parkstrafen nicht. Ein Einzelfall?

In dieser Höhe kommt das nicht oft vor. Diese Menschen sind aber in einer schwierigen Situation, weil man Strafen nicht mittels Privatkonkurs tilgen kann wie andere Schulden. Da droht dann eine Ersatzfreiheitsstrafe.

Wie kann man derart hohe Beträge an Strafen anhäufen?

Bei derart hohen Strafen liegt meist ein psychologisches Problem vor. Die Leute sind überfordert, wollen aber ihre Gewohnheit, wohin zu fahren, nicht ändern. Dadurch kommt es immer wieder zu neuen Strafen.

Wie kann man diesen Teufelskreis lösen?

Manche Menschen haben die Möglichkeit, den Konsequenzen auszuweichen. Etwa indem Verwandte einspringen. Viele aber haben diese Alternative nicht. Dann setzt meist ein Totstellreflex ein. Es wird immer mehr verdrängt, dass sich die Rechnungen schon stapeln. Viele Klienten, die zu uns kommen, bringen einen Stapel an ungeöffneten Briefen mit.

Wie geht man dann in der Schuldnerberatung vor?

Der erste Schritt ist das Öffnen der Rechnungen durch den Klienten, damit ihnen das Problem bewusst wird. Wichtig ist, dass wir ruhig vorgehen und nicht verurteilend wirken. Der Sozialarbeiter muss ein Pokerface aufsetzen.

Was passiert, wenn sie alle Briefe geöffnet haben?

Dann schauen wir uns an, welche Einnahmen und fixen Ausgaben unser Klient hat. Daraus ergibt sich dann das Lösungsszenario. Doch wie gesagt, Strafen müssen gezahlt werden. Nur ganz selten werden diese erlassen.

Klingt nach einer Herausforderung für ihre Mitarbeiter.

Wir haben Sozialarbeiter, die psychologisch geschult sind. Wir haben aber auch eine Psychologin und mehrere Juristen im Haus.

Werden viele Schuldner wieder rückfällig?

Die Rückfallsquote beträgt etwa 10 Prozent. Allerdings beginnt nur die Hälfte der Erstbesucher gleich mit der Entschuldung, die anderen lösen nichts. Oft kommen sie dann aber Monate später doch noch.

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