Die riesige Lagerhalle gleicht einem Labyrinth. Man muss sich einen Weg durch volle Container, Fließbänder und Packerl in allen Größen und Formen bahnen, um zum Lieferwagen des 58-Jährigen zu gelangen. Dieser wird bereits beladen. Um sechs Uhr, wenn die Stadt noch schläft, ist Abfahrt Richtung Wien. Im Dunkeln verlassen Hunderte gelbe Trucks im Minutentakt das Gelände. 120 Pakete stellt Gruber für gewöhnlich im 19. Bezirk zu. Im Advent sind es doppelt so viele. „Das Problem ist nicht nur die Menge, sondern die Größe. Ich bring’ die Ware nicht ins Auto.“
Tatsächlich sind unter den Lieferungen zusammengebaute Sessel. Bringt ein Postler nicht alle Packerl in seinen Lieferwagen, entsteht ein Rückstau und die Menschen müssen länger auf ihre Bestellungen warten. Für viele ein Problem, wie Gruber weiß: „Ich mach’ meinen Job gerne, aber früher war es schöner.“ Die Leute hätten getratscht, auf einen Kaffee eingeladen oder Trinkgeld gegeben. „Heute werd’ ich gefragt, ob das schon alles ist.“
Camembert per Post
Abgesehen von der stressigen Weihnachtszeit habe er Spaß an der Arbeit: „Das Schöne ist, ich bin mein eigener Herr. Ob ich um 13 oder 18 Uhr mit dem Zustellen fertig bin, ist meine Sache.“ Gruber, mit seiner 40-jährigen Routine, ist sicher einer der schnellsten in der Belegschaft. In seinem randvollen Truck hat er ein eigenes Beladungssystem. Zwischen Hotels, Supermärkten – ja, Leute shoppen auch im Urlaub online und ja, sogar den frischen Camembert bringt die Post – und Privathäusern fällt es schwer, mit ihm Schritt zu halten. Egal, ob Müllmann, Rezeptionistin oder Gassigeher – der Postbeamte kennt sie alle: „Ich hab’ schon Kindern beim Großwerden zugeschaut, bis ich irgendwann vor ihren eigenen Wohnungen stand.“
30.000 Schritte pro Tag halten ihn fit, vor allem da viele Wiener Wohnhäuser nicht über Aufzuge verfügen. Die Kehrseite: „Rückenprobleme und Leistenbrüche sind typische Berufskrankheiten.“ Kein Wunder, die Pakete wiegen bis zu 31,5 Kilo und Mehrfachbestellungen sind üblich. „Es kommt vor, dass Leute 200 Kilo Hundefutter bestellen – ohne Aufzug im Haus“, so Gruber. Man sei teils mehr Spedition als Post.
Beschweren will sich der Wiener, dessen Vater schon bei der Post arbeitete, aber nicht: „Es ist schön, wenn sich die Leute auf Zusendungen freuen und erwartungsvoll die Tür öffnen. Besonders zu Weihnachten.“ Seitens Post, die mittlerweile auf Frächter und Subunternehmen angewiesen ist, heißt es, dass auch in der Weihnachtszeit alle Pakete rasch und zuverlässig zugestellt werden, wenn die Aufgabefristen eingehalten wurden. Für alle, die jetzt noch auf Packerl warten, gibt es also Hoffnung.
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