Omas gegen Rechts: "Wir brechen die Klischees"

Auch gegen den Akademikerball gingen die Omas auf die Straße.
Internationale Medien berichten über die regierungskritischen Wiener Omas. Die Initiative will in Zukunft in der öffentlichen Wahrnehmung noch präsenter sein.

Wut und Kampfgeist sind die Triebfedern einer Initiative, die insbesondere seit der Demonstration gegen den Wiener Akademikerball vorige Woche nicht nur in Österreich Schlagzeilen macht: der OMAS GEGEN RECHTS. Heimische Medien berichteten ebenso über sie, wie ZDF, BBC oder Washington Post. Geht es nach der Gründerin, der pensionierten evangelischen Pfarrerin und Psychotherapeutin Monika Salzer (70), und Journalistin Susanne Scholl (69), darf das auch so weitergehen. Denn die Omas haben viel zu sagen.

Mittels Petitionen und Stellungnahmen wollen sie als überparteiliche und interreligiöse Plattform „den öffentlichen Diskurs ankurbeln“, erzählen sie. In den Bereichen Bildung, Rechtsstaat, Demokratisierung und Menschenrechte. Ziel sei die Förderung der Zivilgesellschaft. „Aufmüpfigkeit ist uns ein Anliegen“, betont Salzer, die ältere Frauen als politische Kraft erkennbar machen will. Die aktuelle Entwicklung will sie nicht mehr länger hinnehmen.

„FPÖ 2.0“

Denn der politische Status-quo stelle alles infrage, wofür sie sich 40 Jahre lang einsetzte: „Wir haben uns bemüht, das Land nach dem Krieg wieder aufzubauen und haben uns als 68er-Generation von alten Traditionen befreit. Das war nicht nur ein Wiederaufbau von Häusern, sondern auch ein ethischer, und ein gesellschaftlicher. Unter Kreisky haben wir gelernt, dass Demokratisierung ein permanenter Prozess ist. Wir haben uns aktiv für die Gleichberechtigung der Frauen eingesetzt. Und wir haben unsere Kinder nach diesen Werten erzogen. Das lassen wir uns jetzt nicht madig machen.“

Doch genau das passiere durch die Regierungsbeteiligung der „Männerbündnispartei“ FPÖ, „die 20 Jahre lang diffuse Ängste geschürt“ habe. Und das mache sie wütend, erklären die Omas, die sich am Tag nach der Nationalratswahl via Facebook formierten und bis dato bei regierungs- und FPÖ-kritischen Demos in Erscheinung traten.

Omas gegen Rechts: "Wir brechen die Klischees"
Gründerinnen des Vereins Omas gegen Rechts, Monika Salzer und Susanne Scholl, Wien am 30.01.2018

„Plötzlich werden Grenzen überschritten, die man lang in Stein gemeißelt glaubte“, sagt die aus einer jüdischen Familie stammende Scholl, deren Großmutter im KZ Auschwitz ermordet wurde. „Wenn etwa von der Konzentration von Flüchtlingen die Rede ist. Oder wenn Menschen abgeschoben werden, die dadurch in Todesgefahr geraten.“

In der Kritik der Omas stehen aber auch die ÖVP, die unter Sebastian Kurz zu einer „FPÖ 2.0 verkommen“ sei, sowie die ebenfalls „nach rechts gerückte“ SPÖ. Letztere habe in der Opposition aber zumindest die Chance auf Erneuerung.

Kultcharakter

Oma ist Salzer übrigens im wahrsten Sinne. Aber eben keine, die nur den Kinderwagen vor sich her schieben will. „Wir brechen Klischees“, sagt sie. „Wir agieren selbstbewusst – für die Familie und für die Gesellschaft.“ Die Unterstützung durch junge Menschen sei dabei enorm.

Dass die Omas bereits einen gewissen Kultcharakter genießen, beweisen mehr als 2100 Follower der " OMAS GEGEN RECHTS"-Facebookgruppe, der Lieferengpass bei den begehrten „Omas gegen Rechts“-Ansteckbuttons oder auch die Beliebtheit der rosa „Pussyhat“-Wollhauben, die ursprünglich bei Demos gegen US-Präsident Donald Trump zum Einsatz kamen. Mittlerweile sind Oma-Dependancen in den Bundesländern und sogar in Berlin im Entstehen.

Die beste Bestätigung für ihr Engagement erfuhren die Omas allerdings ausgerechnet von Rechts. Zum einen durch eine Fakeseite auf Facebook, gegen die man juristisch vorgehen wird. Und zum anderen durch einen Vertreter der rechtsextremen Identitären, der auf Twitter im Bezug auf die Omas „Wenn man länger lebt, als man nützlich ist“ postete. Das sei der Beweis, „dass wir einen wunden Punkt getroffen haben“, meint Salzer. Zudem habe der „rechte Rülpser“ die Bekanntheit der Omas maßgeblich gefördert. „Ein herzliches Danke dafür.“

Nach Graz und Wien ist kommenden Samstag Linz der Schauplatz für die nächste Großdemonstration gegen eine von Burschenschaften ausgerichtete Ballveranstaltung. Im Linzer Käufmännischen Vereinshaus geht der traditionelle Burschenschafterball über die Bühne. Ein Anlass für das linke Bündnis „Linz gegen Rechts“, das von 60 Organisationen getragen wird, aufzumarschieren.

Als überschaubare und kontrollierte Kundgebung schätzt die Polizei die Demonstration derzeit ein. Im Vorjahr waren nach Angaben der Exekutive 600 und seitens der Organisatoren 1000 Teilnehmer gekommen. Man werde sich mit derselben Mannschaftsstärke wie 2017 einstellen, kündigte der Linzer Stadtpolizeikommandant Karl Pogutter an. Im Vorjahr waren es kolportierte 200 Beamte.

Die Teilnehmerzahl im Vorhinein einzuschätzen sei extrem schwierig, meint die Sprecherin von „Linz gegen Rechts“, Nina Andree. Thema des Aufmarsches, der um 16.30 Uhr am Pfarrplatz startet und auch beim oberösterreichischen Landhaus Halt machen wird, ist nicht nur der von Andree als „rechtsextreme Großveranstaltung“ bezeichnete Burschenschafterball. „Mittlerweile gibt es eine riesengroßes Potenzial, dass die Auswirkungen der schwarz-blauen Regierungen in Oberösterreich und auf Bundesebene erkannt hat und anprangern will“, erklärt Andree. Der Zwölfstunden-Tag, Studiengebühren und Sozialabbau seien die diesjährigen Themen, kündigt die Organisatorin an.

Die vorjährige Attacke von maskierten Demo-Teilnehmern auf das Auto von Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner, FPÖ, der sich am Weg zum Burschenball befand, hat heuer keine Auswirkungen auf die Koordination der Kundgebung. „Das ist im Vorjahr nach der Veranstaltung passiert, dafür können wir keine Verantwortung übernehmen“, meint Andree. Vorerst müssen die Organisatoren 35 Ordner für den Aufmarsch stellen.

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Polizei stellt sich mit 200 Beamten auf Absicherung der Demo ein.

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