Norbert Ceipeks neue Drehscheibe Bulgarien

Ceipek hilft Frauen in Bulgarien
In Wien betreute er Straßenkinder. In Burgas kümmert er sich um verkaufte und missbrauchte Frauen.

Mehr als ein Jahr ist es her, seit Norbert Ceipek sein Leben komplett verändert hat. Der ehemalige Leiter der Drehscheibe in Wien – hier werden unbegleitete, ausländische Minderjährige betreut – ging in Pension. Der Pensionsschock ist aber ausgeblieben. Heute lebt er in Bulgarien und macht das, was er besonders gut kann: lästig sein. Und zwar dann, wenn es um die Unterstützung von Opfern geht.

Menschenhandel

Opfern von Menschenhandel etwa. So wie Maria (Name geändert, Anm.). Mit acht Jahren wurde die Bulgarin von ihrer Familie verkauft. Mit 13 wurde sie zum ersten Mal auf den Strich geschickt. Verdiente sie auf der Straße nicht genug Geld, ging sie PET-Flaschen einsammeln. Heute ist Maria 40 Jahre alt. "Und kaputt", ergänzt Ceipek. Bei einer Razzia in Frankfurt wurde die Frau aufgegriffen und in ihre Heimat gebracht. Jetzt lebt sie in Burgas. Dort hat Ceipek ein Zentrum für Opfer von Menschenhandel eröffnet. Seit zwei Monaten gibt es die Einrichtung, neben Maria hat hier auch schon eine zweite Frau Hilfe gefunden.

"Würde es die Einrichtung nicht geben, würde Maria wieder auf der Straße stehen", ist Ceipek überzeugt. Stattdessen plant sie gerade ihr neues Leben. Sie wird medizinisch und psychologisch betreut, hat zum ersten Mal ein fixes Zuhause. Und endlich ein Ziel: "Maria will unbedingt Putzfrau werden."

Maximal neun Monate können die Frauen im Zentrum wohnen. Rund um die Uhr stehen Betreuer zur Verfügung. Finanzielle Hilfe kommt von der bulgarischen Regierung. "Die kennen mich ja schon von früher", schmunzelt Ceipek. In der Drehscheibe landeten auch viele bulgarische Roma-Kinder – oft wurden sie beim organisierten Stehlen oder Betteln in Wien aufgegriffen. Schon damals nahm er die bulgarischen Politiker in die Pflicht. "Das kommt mir jetzt zugute. Ich bin für sie glaubwürdig."

Geld verdient er keines, betont er. "Ich lebe von meiner Pension." Nur die Sozialarbeiter und Psychologen werden bezahlt. Insgesamt beschäftigt Ceipek derzeit sechs Personen.

Es werden mehr werden. Denn sein nächstes Projekt wurde vor Kurzem eröffnet – ein Zentrum für Frauen, die Opfer sexueller Gewalt wurden. Die britische Botschaft unterstützt ihn dabei. Hintergrund: "Im Vorjahr hat es sexuelle Übergriffe auf britische Touristinnen in der Region gegeben", erzählt er. Offiziell waren es sechs. Inoffiziell ist von 40 die Rede. "Den Frauen wurden K.-o.-Tropfen in die Getränke gemischt", sagt Ceipek. Während in anderen Ferienregionen darüber geschwiegen werde, gehen die Bulgaren in die Offensive. "Es wird dazu eine Polizei-Kampagne geben, in den Hotels werden Folder aufgelegt und wir richten eine 24-Stunden-Hotline ein", beschreibt er. Nicht nur Touristinnen soll geholfen werden – auch einheimischen Frauen.

Unterstützung

Betroffene werden medizinisch betreut, erhalten psychologische und rechtliche Unterstützung. Um letztere kümmert sich Ceipeks künftige Frau – eine Rechtsanwältin, die schon seit Jahren Opfer sexueller Gewalt vertritt.

"Ich hab’ wieder Kraft", erklärt der 64-Jährige. Leer und erschöpft sei er in den letzten Monaten in Wien gewesen. Interne Anfeindungen und Rassismus-Vorwürfe haben Ceipek lange begleitet. "Aber das merkst du erst, wenn du aus dem Rad draußen bist. Zwei Monate lang hab’ ich zum Durchschnaufen gebraucht. Jetzt will ich wieder."

Und deshalb ist auch schon Projekt Nummer drei in Planung. Und das beschäftigt sich mit seinem früheren Kerngeschäft – ausländischen Kindern und Jugendlichen. Konkret geht es um unbegleitete Flüchtlinge. "In Bulgarien fürchtet man sich davor, dass der Türkei-Deal platzt. Schon jetzt steigt die Zahl der Flüchtlingsaufgriffe. Und es gibt eine große Dunkelziffer an ,verlorenen Kindern‘." Die Jugendlichen seien besonders gefährdet, in die Fänge radikaler Islamisten zu geraten. "Die Gefahr ist da, dass aus ihnen jugendliche Schläfer werden." Sprich, dass sie für Attentate vorbereitet werden. Ceipek will die alleinreisenden Jugendlichen betreuen.

Seine Projekte sind auf Spenden angewiesen.

Konto: Nevena Milcheva (Rechtsanwaltsbüro) IBAN: BG96UNCR70004521141182; BIC: UNCRBGSF.

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