Nevrivy: "Es gibt genug Parkplätze, halt nicht mehr vor der Tür"
Ernst Nevrivy, SPÖ-Bezirksvorsteher in der Donaustadt
Ernst Nevrivy ist in der Donaustadt geboren, umziehen würde er maximal nach Floridsdorf. Seit 11 Jahren führt er für die SPÖ den 22. Bezirk, innerhalb der Partei gilt er als mächtiger Kommunalpolitiker.
Daran hat auch die Anklage gegen Nevrivy in der Causa Wienwert bisher nichts geändert. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft ihm Bestechlichkeit, Beitrag zur Untreue und Verletzung des Amtsgeheimnisses vorgeworfen.
Äußern will sich der Bezirkschef dazu nicht, sondern wiederholt: „Ich weiß, dass ich mir nichts zu schulden habe kommen lassen und vertraue auf die Arbeit des unabhängigen Gerichts.“
Politisch fiel Nevrivy auch als Befürworter von Stadtstraße und Lobautunnel auf, der seine Aversion gegen die Grünen offen ausspricht. Entgegen seines Rufs als "Betonierer" hab er aber sehr viel für Radwege übrig.
KURIER: Wien muss ein Sparpaket durchziehen, auch die Bezirksbudgets wurden eingefroren: Wie wird sich das auf Projekte in der Donaustadt auswirken?
Ernst Nevrivy: Wir haben das Glück, dass wir seit vielen Jahren sehr sparsam haushalten und erhebliche Rücklagen haben. Wir werden rund 2,2 Millionen Euro weniger zur Verfügung haben. Davon können wir 1,2 Mio. Euro aus den Rücklagen des Bezirks nehmen. Den anderen Teil werden wir beim Straßenbau einsparen. Bevor eine Fahrbahn komplett saniert wird, werden also eher Schlaglöcher ausgefüllt. Dann rumpelt man ein paar Jahre länger drüber, aber das ist mir lieber, als bei Grünflächen oder Kindergärten einzusparen.
Welches Projekt ist Ihnen ein Herzensanliegen in der neuen Amtsperiode?
Die Fertigstellung des Radwegekonzepts. Die Wagramer Straße ist bereits fertig, auf der Erzherzog-Karl-Straße wurde der erste Abschnitt realisiert. Nächstes Jahr werden wir den zweiten Abschnitt von der Industriestraße bis zur Donaustadtstraße angehen.
Die Donaustadt ist jener Bezirk, der am stärksten wächst und der bevölkerungsreichste. Gleichzeitig stockte jahrelang der Öffi-Ausbau. Hat man die falschen Prioritäten gesetzt?
Ich denke, dass man bei der Mobilität vieles tun muss, auch wenn ich da immer einen schlechten Ruf hatte, als wäre ich der große "Betonierer", der nichts für Radwege übrig hätte. Ich bin der Auffassung, dass die ehemaligen Grünen Stadträtinnen für die Außenbezirke wenig Herz übrig hatten. Birgit Hebein hat einmal zu mir gesagt "bei dir in der Pampa". Das ist schon ein Zeichen dafür, wie man die Außenbezirke gesehen hat. Bei uns wurden Investitionen nicht in dem Ausmaß getätigt, die notwendig sind, zum Beispiel für die Straßenbahnlinie 27, die jetzt eröffnet wurde, oder die Planungen der Verlängerungen der Linie 25. Das haben die Vorgängerregierungen verabsäumt. Inzwischen wurde von Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) viel getan, nicht nur neue Linien, auch Intervallverdichtungen und Verkehrsberuhigungen.
KURIER: Wie steht es um die Verlängerung der Straßenbahnlinie 25?
Es gab Überlegungen, in Abschnitten zu bauen. Inzwischen ist man dazu übergegangen, die Verlängerung in einem Zug zu realisieren. Die Linie endet jetzt in Aspern und soll über den Siegesplatz in die Seestadt bis Aspern Nord verlängert werden. Ein Problem ist, dass der Verkehr am Siegesplatz schon jetzt staut. Für den Bau kann man dort nicht einfach für mehrere Monate eine Spur sperren und die Autos durch Wohngebiete umleiten. Bevor wir also nicht die Verkehrsentlastung durch die Stadtstraße und S1-Spange haben, kann man zumindest am Siegesplatz aus meiner Sicht nicht bauen. Die Verlängerung hängt auch vom Tempo ab, in dem die Seestadt wächst, und das wird noch einige Jahre dauern.
Wie realistisch ist eine Straßenbahnlinie 28 bis nach Groß Enzersdorf?
Das hätte natürlich wesentliche Vorteile, aber für Wien und die Donaustadt. Die Groß-Enzersdorfer werden davon aber nicht begeistert sein. Was man in der Diskussion nämlich immer völlig vergisst: Alle, die dort in die Straßenbahn einsteigen wollen, werden mit dem Auto nach Groß Enzersdorf fahren und dort parken. In Niederösterreicher wird man sich davor hüten, den ganzen Verkehr in die Stadt zu ziehen.
Stadtstraße, S1 und S1-Spange - wohin entwickelt sich der Autoverkehr in der Donaustadt ?
Ein wesentlicher Faktor ist, dass der Individualverkehr reduziert werden muss. Auf der andern Seite, muss man die vielen Autos, die unnötig durch die Donaustadt fahren, wegbringen. Mit der Nordostumfahrung (S1) würden über 30.000 Fahrzeuge weniger auf der Südostagente (A23) und tausende Fahrzeuge weniger durch Essling, Stadlau oder Aspern fahren. Wenn die Autos nicht mehr durch unsere Wohngebiete fahren, wäre das für die Bevölkerung eine wesentliche Entlastung. Dann könnte man zusätzliche Verkehrsberuhigungen umsetzen und den Verkehr über Schleichwege in Wohngebieten abdrehen. Das geht aktuell aber nicht, da sich der Verkehr wieder auf die Hauptstraßen verlagern würde, die jetzt schon überlastet sind.
Parkplätze sind im Bezirk ein Reizthema. Was ist hier geplant?
Mit Einführung des Parkpickerl sind weit über 10.000 Plätze mit einem Schlag frei geworden. Das große Tamtam im Bezirk war, dass der Parkplatz nicht mehr vor der Tür ist. Wir haben viele schmale Gassen, wo das Parken nicht erlaubt ist. Das war früher kein Problem, denn wo kein Kläger, da kein Richter. Mit Einführung des Parkpickerls wurden alle Straßen und Gassen sukzessive kontrolliert und wir haben so weit möglich reelle Parkplätze geschaffen. Wir haben ausreichend Parkraum, halt nicht mehr vor der Tür. Aber ich verstehe, dass die Leute angefressen sind, weil es eine Verschlechterung ihrer persönlichen Situation ist.
Die Wiener Bezirksvorsteher stellen sich in einer neuen Interviewreihe den Fragen der KURIER-Redaktion zu aktuellen Themen in ihren Bezirken.
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