Seestadt soll aus Dornröschenschlaf erwachen

46-219151380
Nach der Entscheidung, die S1 samt Spange zu bauen, soll nun der nördliche Teil des Stadtentwicklungsprojekts gebaut werden. Bis es so weit ist, werden aber wohl noch Jahre vergehen.

Der Dank gilt Verkehrsminister Peter Hanke (SPÖ), darauf können sich am Freitagvormittag in der Seestadt alle Rednerinnen und Redner einigen. Indem er vergangene Woche den Bau der Wiener Außenring-Schnellstraße (S1) beauftragte, soll er auch für das Stadtentwicklungsgebiet einen Stein ins Rollen gebracht haben. 

Bisher zeigten sich hier, in der Donaustadt an nur einem einzigen Ort nämlich zwei Bilder: Das eine der bebauten Seestadt Süd mit ihren Wohnblöcken und dem See. Das andere der Seestadt Nord mit ihren seit Jahren brachliegenden Flächen (siehe Bilder). Nun aber soll das Bild vereinheitlicht werden.

Eine grüne Wüste

Dass in der weiteren Bebauung der Seestadt bisher Stillstand herrschte, liegt laut Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) an der städtebaulichen Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). „Die UVP sagt ganz klar, dass es zwei Zufahrten und ein Straßensystem geben muss“, sagt Sima (SPÖ). Heißt: Damit die Seestadt weiter bebaut werden kann, seien sowohl die in Bau befindliche Stadtstraße als auch die S1-Spange Voraussetzung. Letztere wurde allerdings von der ehemaligen Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) auf Eis gelegt. Die Bebauung der Seestadt Nord sei damit gebremst worden, heißt es.

Während auf den Flächen also jahrelang nichts geschah, habe die Stadt aber weiter an der Infrastruktur gearbeitet, sagt Sima. Eine „Wüste mit U-Bahn-Anschluss“, wie sie es nennt, sei entstanden – wenn auch deutlich grüner. Neben der U-Bahn gibt es mittlerweile auch Gastrobetriebe, Busse, Radwege und ab kommenden Montag sogar eine Straßenbahn – die neue Linie 27.

46-217807310

Im Süden ragen Wohnhäuser in die Höhe, Menschen beleben sie.

Sie aber fährt zum Teil noch durchs Brachland. Schließlich gibt es allein in der Seestadt noch 120 Hektar Land, das bebaut werden könnte, sagt Robert Gruneis, Vorstand der Seestädter Entwicklungsgesellschaft „Wien 3420 Aspern Development AG“. Mit einem „Fingerschnippen“ könnten hier Wohnungen für 12.000 Menschen errichtet werden. Wohnungen, die dringend benötigt werden, wie zahlreiche der anwesenden Bauträger bekräftigen. „Wir sind startbereit, wir wollen gemeinsam weiterentwickeln, lautet der Tenor.

Jahre werden vergehen

Mit dem grünen Licht, das der Verkehrsminister für den Bau der Spange und der S1 erteilt hat, ist dieser Wunsch wieder in Reichweite gerückt. Bis es aber tatsächlich zur Umsetzung kommt, wird noch etwas Zeit vergehen. „Wir würden gerne auf der Stelle anfangen“, sagt Sima. Die Besiedlung der neuen Wohnhäuser in der Seestadt Nord dürfe aber nicht vor der Inbetriebnahme der Straßen erfolgen. Man müsse die Planungen der Asfinag abwarten. Es werde also wohl noch Jahre dauern.

Bei der Asfinag hieß es vergangene Woche auf KURIER-Anfrage, dass der Baustart für die erste Etappe der S1 im Frühjahr 2026 erfolgen soll, die Fertigstellung ist bis 2032 vorgesehen. Bei der Spange Seestadt Aspern werde es noch etwas länger dauern, der Bau soll ab 2029 beginnen.

46-219155693

Freude und Kritik

Abseits der dadurch ermöglichten Weiterentwicklung der Seestadt freute sich der Bezirksvorsteher der Donaustadt Ernst Nevrivy (SPÖ) vor allem darüber, dass die S1 künftig als Umfahrung diene. „Das wird eine große Entlastung für die Donaustadt“, sagt er.

Bei den Grünen stößt das Projekt auf deutlich mehr Kritik. „Sozialen Wohnbau an eine Autobahn zu ketten, ist keine sinnvolle Politik“, sagt der Mobilitätssprecher der Grünen, Kilian Stark. Konkret wird kritisiert, dass kein UVP-Änderungsverfahren angestrebt wurde, um den Bau der S1-Spange aus den Voraussetzungen zu streichen. Natürlich wisse man nicht, wie das Verfahren geendet wäre, es sei laut mehreren Umweltrechtsexperten aber sehr „unwahrscheinlich“, dass die Änderung nicht genehmigt worden wäre, sagt Stark. „Wir kritisieren schon lange, dass in der SPÖ einfach nicht die Bereitschaft dazu gab.“

Kommentare