Neuer Anlauf für Abriss von altem Biedermeier-Häuschen

Das Haus in der Breite Gasse 15 hat eine klassizistische Fassade. Unten ist sie beschmiert
Bei der Baupolizei wurde zu dem Baujuwel ein Verfahren eingeleitet

Das Biedermeier zeichnete sich durch Häuslichkeit, Naturnähe, Volkstümlichkeit und ein allgemeines Bedürfnis nach Harmonie aus. Aus dieser Zeit stammt das Haus in der Breite Gasse 15 am Spittelberg. Harmonisch geht es an der Adresse aber schon lange nicht mehr zu. Um das geschichtsträchtige Baujuwel wird jahrzehntelang gerätselt und gerungen. Jetzt gibt es wieder einen Anlass dazu: Das Gebäude könnte abgerissen werden.

Erbaut wurde das Haus „Zur heiligen Dreieinigkeit“ um das Jahr 1800. Es hat eine klassizistische Fassade – und eine reiche Geschichte: Es diente einst als Probe-Ort, zum Beispiel dem berühmten Schrammel-Quartett. In der jüngeren Vergangenheit war – in Einvernehmen mit dem Hausherren – ein Künstler-kollektiv ansässig. Kurzzeitig war das Haus sogar besetzt.

Neuer Anlauf für Abriss von altem Biedermeier-Häuschen

Damals war es noch die Nummer 25: Das Bierdermeierhaus in der Breite Gasse

Im Wesentlichen stand es in den vergangenen 20 Jahren aber leer und verfiel zusehends. Der Eigentümer wolle das Gebäude abreißen, obwohl es sich in einer Schutzzone befinde, hieß es immer wieder. Passiert ist allerdings nichts. Das könnte sich nun aber bald ändern.

Fristverlängerung

Wie die Baupolizei dem KURIER am Donnerstag bestätigte, läuft bei ihr erneut ein Verfahren. „Wir sind in einem Ermittlungsverfahren und dessen Ausgang ist derzeit nicht absehbar“, heißt es.

Will der Eigentümer das Gebäude trotz seiner Lage in einer Schutzzone abreißen, muss er selbst nachweisen, dass eine Ausnahme dafür vorliegt (siehe Infobox). Der Hausbesitzer habe nun um eine Verlängerung der Fristen dafür angesucht, sagt die Baupolizei. Sie entscheidet letztlich, ob ein Abriss zulässig ist.

Regeln für Abrisse 
Steht ein Haus in einer sogenannten Schutzzone, dann darf es nur aus zwei Gründen abgerissen werden: Erstens, wenn es kein öffentliches Interesse an der Erhaltung gibt. Ausschlaggebend dafür ist die Wirkung auf das Stadtbild. Und zweitens, wenn der Bauzustand derart schlecht ist, dass die Instandsetzung technisch unmöglich ist oder dem Eigentümer wirtschaftlich nicht zumutbar wäre

Daten und Fakten
Schutzzonen gibt es in Wien seit 1972, bis heute wurden 135 davon festgelegt. Sie umfassen rund 15.000 Häuser

Das Denkmalamt hat nichts mitzureden: Denn das Haus steht – und das hat immer wieder für Verwunderung gesorgt – nicht unter Denkmalschutz. Das liege daran, dass das Gebäude im 19. und 20. Jahrhundert durch diverse Umbauten zu stark verändert wurde, heißt es auf Anfrage aus dem Bundesdenkmalamt.

Im Bezirksamt gibt man sich angesichts des neuen Verfahrens unbeeindruckt: Es habe bereits vor fast zwei Jahrzehnten Bemühungen gegeben, das Haus abzureißen, heißt es von dort. Schon damals habe es eine negative Stellungnahme gegeben.

Der Eigentümer des Hauses ist übrigens kein Unbekannter. Er stand 2018 vor Gericht. Der Vorwurf: Er soll in ein Mordkomplott und Testamentsfälschungen involviert gewesen sein. Laut damaliger Anklage soll er sich so Millionen erschlichen haben – etwa in Form eines Zinshauses in Hernals. Ob dieses noch steht, ist nicht bekannt.

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