Neue Herausforderung für historischen Vergnügungspark

Michael Riedl und seine Frau würden gern mehr investieren.
Die Stadt Wien verhandelt mit den Schaustellern im Böhmischen Prater die neuen Pachtverträge – und will Auflagen erteilen.

Touristen sieht man hier so gut wie keine – und nicht einmal allen Wienern ist er bekannt, der Böhmische Prater. An der historischen Amüsiermeile mitten im Laaer Wald scheint punktuell die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Omas und Opas, die den kleinen, gut versteckten und mit öffentlichen Verkehrsmitteln kaum zu erreichenden Vergnügungspark in Favoriten heute mit ihren Enkerln besuchen, kennen die Attraktionen zum Teil seit ihrer Kindheit. Das um 1890 erbaute Holzringelspiel zum Beispiel oder das Raupenkarussell von 1929.

Auf die Geschichte sind die Schausteller stolz. Gesprächsthema Nummer eins ist zurzeit aber die Zukunft. Denn im Böhmischen Prater sind mit 31. Dezember sämtliche Pachtverträge ausgelaufen. Neue gibt es noch nicht – und die Auflagen, an die die Stadt eine Verlängerung knüpft, machen den Unternehmern Kopfzerbrechen.

So will die Immobilienverwaltung (MA69) der Stadt Wien, die seit 1988 Eigentümerin der Pachtgründe ist, den Schaustellern „zwecks Modernisierung“ etwa fixe Öffnungszeiten vorschreiben. Von März bis Ende Oktober, täglich von 10 bis 20 Uhr sowie an Wochenenden bis 21 Uhr, ist angedacht.

Das sei in einem Vergnügungspark, der sich an ein Kernpublikum von zwei bis zehn Jahren richte, aber widersinnig, meint der Obmann des Kulturverbandes Böhmischer Prater, Michael Riedl. Seine Frau Claudia betreibt neben dem Veranstaltungszentrum Tivoli hier die meisten Fahrgeschäfte. „Das geht doch nicht. Die Entscheidung, wann wir offen haben, muss schon in der Eigenverantwortung der Unternehmer liegen“, gibt er die allgemeine Stimmungslage wieder. „Wir haben ja ein Interesse daran, Geld zu verdienen – aber wozu sollen wir offen halten, wenn die Kinder in der Schule sind, oder wenn es regnet oder noch zu kalt ist?“

Neue Herausforderung für historischen Vergnügungspark

Riesenrad-Betreiber Franz Reinhardt: "Wir haben immer offen."

Bei der MA69 zeigt man sich insofern gesprächsbereit. „Die Besucher sollen wissen, wann sie kommen können“, erklärt Harald Halper, der stellvertretende Leiter der MA69. „In Stein gemeißelt sind die Zeiten aber noch nicht. Das ist Gegenstand von Vertragsverhandlungen.“ Wobei es auch Schausteller gibt, die mit dem Passus ohnehin keine Probleme hätten. So sagt etwa Riesenrad-Betreiber Franz Reinhardt: „Mir is’ des wurscht – wir haben eh immer offen.“

Wohnrecht

Für Diskussionen sorgt auch die Vertragsklausel, die eine Kündigungsfrist von nur drei Monaten vorsehen würde. Steigere diese doch nicht gerade die Lust, zu investieren.

Neue Herausforderung für historischen Vergnügungspark

Ernst Hrabalek wartet auf seinen Pachtvertrag.

„Ich habe 1,7 Millionen Euro investiert und dann könnte ich innerhalb von nur drei Monaten gekündigt werden“, wundert sich nicht nur Ernst Hrabalek, der hier im Vorjahr den nach ihm benannten Park eröffnete und noch mehr Visionen hätte.

Für andere Unternehmer, wie etwa die Familie Geissler, die seit 1884 hier verankert ist, könnte die Klausel im schlimmsten Fall auch den kurzfristigen Verlust des Wohnrechts bedeuten, das sie als Betriebsleitung bzw. -aufsicht im Böhmischen Prater hat. „Ich hab’ das Gefühl, man will uns hier weg haben“, sinniert Claudia Buchta-Geissler – auf die im Falle einer Einigung eine 30-prozentige Pachterhöhung zukommt.

Neue Herausforderung für historischen Vergnügungspark

Die Familie Buchta-Geissler wohnt auch im Böhmischen Prater.

Zudem würden sich die Schausteller mit längeren Pachtlaufzeiten wohler fühlen. In den aktuell gültigen zehn Jahren ließen sich teurere Fahrgeschäfte nicht einmal abbezahlen, sagt Riedl. 20-jährige oder unbefristete Verträge würden Investitionen dagegen begünstigen.

Die relativ kurze Laufzeit erklärt Halper damit, dass sich die Nutzung der Flächen durch die Pächter laufend ändere. Darum seien Verträge und Zinshöhen regelmäßig anzupassen. Der vergleichsweise geringe und Index-angepasste Zins richte sich dabei nach der realen Nutzung – für eine Lagerhalle zahle man weniger als für ein Ringelspiel und dafür weniger als für ein Wohnhaus.

Im Fall der dreimonatigen Kündigungsfrist versucht der Beamte zu beruhigen. „Es ist nicht der Plan der Stadt, Unternehmer erst investieren zu lassen, sie dann rauszuwerfen und sich zu bereichern“, sagt er. Auch hier sei man gesprächsbereit. Noch nie sei ein Schausteller rausgedrängt worden. Gelte es doch, den Böhmischen Prater „unbedingt zu erhalten“.

In dieselbe Kerbe schlägt Baustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ): „Die Stadt ist sich der Bedeutung des Böhmischen Praters bewusst und garantiert seinen guten Fortbestand. Er ist ein besonderer, für Wien typischer Ort und ein Erholungsgebiet im Grünen, das auch ich gerne nutze.“

Infos: www.böhmischer-prater.at, www.böhmischerprater.at sowie www.park-hrabalek.at

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