Neos-Spitzenkandidat Wiederkehr zu Koalition mit SPÖ bereit

Neos-Spitzenkandidat Wiederkehr zu Koalition mit SPÖ bereit
Aber: "Ich werde meine Werte nicht an der Garderobe des Bürgermeisters abgeben." Eine Koalition mit der ÖVP schloss der Neos-Kandidat bereits aus.

Am 11. Oktober wird in Wien gewählt - und der Koalitionspoker beginnt. 

Bei SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig wird nun ein neuer potenzieller Partner vorstellig: Christoph Wiederkehr, Neos-Spitzenkandidat, sagt am Donnerstagabend in der "ZiB2", er stehe für eine Koalition bereit.

"Wenn sich Ludwig traut", setzt er nach. Denn: "Ich werde meine Werte nicht an der Garderobe des Bürgermeisters abgeben."

Wiederkehr nennt als Bedingungen neben pinker Kernforderungen aus den Bereichen Transparenz und Bildung auch, dass die "elendige Freunderlwirtschaft" beendet und "sinnlose Versorgungsposten" abgeschafft werden müssten. Ursula Stenzel, nicht amtsführende Stadträtin der FPÖ, sei "die teuerste Arbeitslose Österreichs". 

Und er sagt noch einmal in Richtung SPÖ: "Wir stehen zur Verfügung, um Wien besser zu machen."

Das ist insofern interessant, als es bis dato so wirkte, als würden die Neos die Oppositionsrolle bevorzugen: Eine Koalition mit der ÖVP schloss Wiederkehr bereits bei seiner Wahl zum Spitzenkandidaten der Stadt-Neos dezidiert aus.

Und auch im KURIER-Interview vor einigen Wochen betonte er, dass er Gernot Blümel nicht zum Bürgermeister machen werde (siehe oben). Blümel verwende Wien nur als Bühne für Inszenierung. 

Grünen mit Pop-up, Neos für Nachhaltigkeit

Damit die Neos aber überhaupt in die Ziehung kommen, muss Wiederkehr wohl noch an seinem Bekanntheitsgrad arbeiten: Der 30-Jährige hat die Stadtpartei 2018 von Beate Meinl-Reisinger übernommen, ist für die meisten in der Hauptstadt aber ein unbekanntes Gesicht. 

Wiederkehr nimmt das mit Humor: Jene, die Skandale in Wien verfolgt haben, sollten ihn kennen - Stichwort Krankenhaus Nord. Und vielleicht, so sagt er, würden ihn nach diesem "ZiB2"-Interview ja bald noch mehr besser kennen.

Auch bei den Wahlkampfthemen scheint den Neos etwas das Alleinstellungsmerkmal zu fehlen: Die Pinken fordern etwa mehr Radwege, eine Begrünungsoffensive und die Aufnahme von Flüchtlingen. Das sind klassische Grün-Themen - und die Grünen regieren ja schon in Wien. 

Wiederkehr kontert dieser Kritik: Die Frage, ob in Wien geflüchtete Kinder aufgenommen werden, sei keine wahltaktische Frage, "sondern eine Frage von Menschlichkeit".

Und Konzepte wie Radschnellwege oder die Freilegung von unterirdischen Bächen seien "vernünftig und konstruktiv". Die Neos, ist er überzeugt, hätten nachhaltigere Konzepte als die Grünen. "Die Grünen denken sehr stark in Richtung Wahltermin" - Wiederkehr kritisiert das als "Pop-up-Aktionismus". 

"Eine Katastrophe für diese Stadt"

Nächstes Kern-Thema der Neos: die Wirtschaft. Die 53.000 Arbeitslosen in Wien - ein großer Teil davon sind junge Menschen unter 25 Jahren - seien laut Wiederkehr "eine Katastrophe für diese Stadt". Hier gingen Chancen verloren. Es brauche Konzepte, um die Wirtschaft anzukurbeln und Unternehmen zu motivieren, Lehrlinge anzustellen. 

Dazu gehöre auch, die Bürokratie nach unten zu schrauben. Er nennt ein Beispiel: Ein italienisches Restaurant in seinem Bezirk wolle einen Lehrling anstellen, dürfe das aber nicht, weil nur Restaurants mit österreichischer Küche als Lehrstelle erlaubt seien. "Diese Bürokratie nimmt den Unternehmen die Luft zum Atmen", sagt Wiederkehr. 

Kommentare