Der Ablösepoker um die Wasabi-Nuss
Susanne Jerusalem kann die getrockneten Datteln, die verdächtig gelb leuchtenden Ananas-Stücke und die Mozart-Souvenirs nicht mehr sehen. „Von Vielfalt kann am Naschmarkt keine Rede mehr sein“, sagt die Grüne Bezirkspolitikerin aus Mariahilf. „Wenn’s so weitergeht, gibt dieser Traditionsmarkt bald seinen Geist auf.“
Schwere Vorwürfe
Das Gerücht, dass die Ablösen für die Stände – von denen immerhin zwei Drittel der Stadt direkt gehören – astronomische Ausmaße erreicht haben, gibt es schon lange. Doch kaum einer spricht offen über jene Beträge, die hier den Besitzer wechseln. Der KURIER stieß nun auf eine jener seltenen Annoncen, bei der die Summe öffentlich genannt wird: Für einen Marktstand wird da eine Ablöse von 600.000 Euro verlangt (siehe Faksimile unten). Vergleichbare Eigentumswohnungen sind in dem Szenegrätzl in der Regel um die Hälfte zu haben.
„Keine Spekulation“
Angelika Herburger, Sprecherin der Marktstandler, sagt: „Die Ablösen sind sicher hoch. Immobilienspekulation durch Fremdinvestoren schließe ich aber aus. Das beweist auch die geringe Fluktuation unter den 123 Ständen.“ Wie hoch die Preise aber sind, will auch sie nicht verraten. „600.000 Euro werden für einen Marktstand aber sicher nicht bezahlt“, sagt Herburger nur. Alexander Hengl vom Marktamt argumentiert ähnlich: „Die Ablösen mögen hoch sein, doch die Standler haben wegen des Denkmalschutzes oft auch sehr viel Geld investiert.“ Aufgrund der Gewerbeordnung könnte die Stadt auch gar keinen Einfluss auf die Ablösen nehmen.
Seit sieben Jahren wacht deshalb just im roten Wien die unsichtbare Hand des Marktes über das große Angebot von Wasabinüssen und die offenbar geringe Nachfrage nach frischem Obst.
Vorschläge, die Standler in Bezug auf ihre bestbietenden Nachfolger machen, nickt das Marktamt meistens ab. „Die Märkte“, sagt Hengl, „regulieren sich selbst.“
123 Marktstände sind auf dem Naschmarkt. Der Stadt gehören zwei Drittel davon. Das dritte Drittel wurde als Superedifikat quasi verkauft.
Verbaute Fläche: 6200 m².
Zuweisung: Ein Drittel Gastronomie, 250 m² Waren aller Art (u. a. Souvenirs), restliche Fläche Lebensmittel.
70 Firmen oder Privatleute als Gewerbeinhaber tätig.
2006 Novelle, die Marktordnung sieht nun vor: Angebot und Nachfrage sollen Geschehen regeln.
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