Nach Hitzeurlaub für Pferde: Sorge ums Kulturgut Fiaker

Die Stadt verschärft die Schutzbestimmungen für Fiaker-Pferde.
Die einen sehen das touristische Image Wiens in Gefahr, die anderen wollen die Fiaker komplett abschaffen.

In der Branche liegen die Nerven blank. Nachdem Wiens SPÖ-Tierschutz-Stadträtin Ulli Sima und der grüne Umweltsprecher Rüdiger Maresch am Montag die Novelle des Fiakergesetzes in Aussicht gestellt haben – Stichworte: Hitzefrei für Pferde ab 35 Grad; jeden zweiten Tag frei und Verkürzung der Betriebszeit um eine Stunde am Abend – steht für Branchen-Sprecherin Martina Michelfeit fest: „In Wirklichkeit will man die Fiaker loswerden.“

Nach Hitzeurlaub für Pferde: Sorge ums Kulturgut Fiaker
Fiaker-Fahrerin Martina Michelfeit im Portrait. Die studierte Soziologin ist auch Branchensprecherin in der Wiener Wirtschaftskammer. Wien, am 17.04.2015.
Zum einen entbehre das Maßnahmenpaket jeder veterinärmedizinischen Grundlage. Zum anderen sei über die Branche „drübergefahren worden“ – „wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt“, sagt Michelfeit. Sie selbst habe am Montagnachmittag über die Wirtschaftskammer vom rot-grünen Plan erfahren.

Einladung der Behörde

Ganz so sei es nicht, sagt dagegen Rüdiger Maresch – die Fiaker stünden in ständigem Kontakt mit der zuständigen MA65 (Rechtliche Verkehrsangelegenheiten). Um guten Willen zu demonstrieren, werde diese die Unternehmer nun zum Gespräch einladen – „da setz’ ich mich gern dazu“, sagt Maresch. Einzelne Punkte des Maßnahmenpakets seien aber nicht mehr verhandelbar.

Auf KURIER-Nachfrage bestätigt man bei der MA65 allerdings Michelfeits Wahrnehmung: Zwar stehe man als Aufsichtsorgan punkto Konzessionen in ständigem Kontakt mit den Unternehmern. Anders als aktuell etwa die Wiener Schanigarten-Regelung wurde das von Rot-Grün gewünschte Maßnahmenpaket mit den Betroffenen aber tatsächlich nicht akkordiert. Vermutlich, weil sich ein langwieriges Begutachtungsverfahren vor dem bevorstehenden heißen Sommer nicht mehr ausgegangen wäre.

Für Maresch ist eine Stunde weniger fahren und hitzefrei für die Pferde ab 35 Grad dennoch „eine moderate Veränderung“. Die von Tierschützern herbeigesehnte Alternative hieße „komplettes Verbot“. Das aber wolle die Stadt nicht.

Zweites Fiaker-Paket

In dieselbe Kerbe schlägt Stadträtin Sima. „Viele wollen die Fiaker nicht in der Stadt – oder nur mehr in Schönbrunn oder im Prater.“ Seien es Anrainer des Stephansplatzes, die sich über die Geruchsbelästigung echauffieren, oder Vertreter der MA28 (Straßenverwaltung), die sich um die Beschädigung des Straßenbelages durch die Hufe der Tiere Sorgen machen. Von Tierschützern ganz zu schweigen.

„Wir wollen die Fiaker aber erhalten“, versichert Sima. Die neuerliche Gesetzesnovelle (die auf dem Maßnahmenpaket von 2009 aufbaut) sei daher ein Kompromiss.

Michelfeits Einschätzung, es gebe keine wissenschaftliche Basis für die Gesetzesnovelle, weist man seitens der Stadt zurück: Sowohl Sima, als auch Tierschutz-Ombudsfrau Eva Persy verweisen auf eine aktuelle Studie von Pferde-Expertin Brigid Weinzinger, die die Auswirkungen diverser Stressfaktoren – Verkehrslärm, Reizüberflutung, Hitze usw. – auf die Tiere untersuchte.

Zu Wort meldet sich in der Causa auch die Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins, Madeleine Petrovic. Für sie ist die Gesetzesnovelle eine Verbesserung, aber noch nicht das Optimum. Sie plädiert dafür, spezielle Laufstrecken für Fiaker-Pferde zu definieren – „etwa vom Schwedenplatz zum Lusthaus im Prater. Oder raus nach Klosterneuburg. Das wäre gut für die Pferde und ein Geschäft für die Unternehmer.“ Fiakerfahrten in der City, die oft zu Staus führen, sollten dafür „nur in Ausnahmefällen“ genehmigt werden.

Entspannter Wien-Tourismus

Keine Sorgen um die Institution Fiaker macht man sich jedenfalls beim Wien-Tourismus. Zwar würden die traditionellen Pferdefuhrwerke als Markenträger stark wahrgenommen, bestätigt Sprecherin Vera Schweder. Auf Kosten von Tierleid dürfe aber kein Wahrzeichen erhalten werden. Der Kompromiss sei daher zu begrüßen – „das wird die Institution nicht abschaffen“.

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