Nach Betrugsverdacht: Drogenfund bei Skandalverein

Die Cannabis-Plantage in einer Lagerhalle in Simmering wirft Fragen auf.
Kindergartenbetreiber sollen 970 Cannabis-Pflanzen angebaut haben. Ermittlungen zu mutmaßlichem Förderbetrug verlaufen indes schleppend.

Mutmaßlicher Betrug, Urkundenfälschung und Bildung einer kriminellen Vereinigung – auf die Liste an Straftaten, die dem 31-jährigen Abdullah P. und sechs weiteren Beschuldigten im Rahmen des Wiener Fördergeldskandals vorgeworfen werden, ist ein neuer Punkt gekommen: Der Anbau von Cannabis.

Sage und schreibe 970 Cannabis-Pflanzen hat die Polizei im Jänner bei der Durchsuchung einer Lagerhalle in Simmering entdeckt. Die Halle ist an jenen Verein für Erwachsenenbildung vermietet, den P. 2011 in der Romanogasse in der Brigittenau gegründet hat und deren Obmann er bis heute auch ist. Über den Verein wurde im Dezember 2015 ein Konkursverfahren eröffnet.

Weil P. den Vermietern als Ansprechpartner genannt wurde, hat die Staatsanwaltschaft Wien eine sofortige Einvernahme angeordnet. P. ist dieser aber erst Ende Februar gefolgt, wie der KURIER aus Ermittlerkreisen erfuhr. Er soll bestritten haben, etwas mit dem Anbau des Rauschmittels zu tun zu haben. Dass noch nicht eindeutig geklärt ist, wer für den Anbau verantwortlich ist, betont auch Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft: "Das ist noch Gegenstand von Ermittlungen."

Der Anwalt von Abdullah P. war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Wirtschaftsprüfer

Indes verlaufen die Ermittlungen zum Fördergeldbetrug schleppend. Die Ergebnisse der Razzia, die kurz vor Weihnachten in den Büroräumlichkeiten des Erwachsenenbildungs-Vereins in der Brigittenau durchgeführt wurde, stehen noch aus.

Bei der Hausdurchsuchung wurden 42 Kartons mit zirka 500 Aktenordnern, vier Notebooks, sieben PCs, fünf USB-Sticks und ein Datenserver sichergestellt. "Die Auswertung wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen", sagt Justizsprecherin Bussek.

Mit Spannung wird auch das Gutachten des Wirtschaftssachverständigen Gerhard Altenberger erwartet. Er soll die Konten und Geschäftsverbindungen prüfen, da der Verdacht besteht, dass Fördermittel der Stadt ins Ausland geflossen sind.

Wieder Geld für Vereine

Wie berichtet, sollen Abdullah P. und Mitarbeiter seines Vereins mit Personen, die eigene Kindergartengruppen gründen wollten, Beratungsverträge abgeschlossen haben und so an Förderungen und Anstoßfinanzierungen der MA 10 (Wiener Kindergärten) gekommen sein.

Aktuell wird gegen sieben Personen ermittelt. Abdullah P. soll laut Polizeibericht als „Chef der Organisation“ agiert haben.

Die MA 10 (Wiener Kindergärten) brachte den Stein im Mai 2015 ins Rollen, als festgestellt wurde, dass einige Bestätigungen über die Gemeinnützigkeit der Kindergartenvereine im Netzwerk des so genannten „Team P.“ gefälscht waren. Der Schaden dürfte sich im siebenstelligen Bereich bewegen.

Einige der betroffenen Vereine haben die Vorstände gewechselt und erhalten bereits wieder Förderungen.

Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

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