Nach Anschlag in Wien: Bereits 21 Festnahmen

Nach Anschlag in Wien: Bereits 21 Festnahmen
Rund 60 Befragungen und 20 Hausdurchsuchungen haben stattgefunden. 300 Hinweise wurden bereits abgearbeitet.

Nina Bussek von der Staatsanwaltschaft Wien und der Leiter der Ermittlungsgruppe "2. November", Michael Lohnegger, gaben am Freitag ein Update zum Terroranschlag in Wien.

Lohnegger erklärt zunächst, dass die Ermittlungen auf Hochtouren laufen. "Wir wollen die Bevölkerung entsprechend informieren und uns transparent zeigen. Wir geben allerdings nur gesicherte Informationen nach außen", so der Leiter der Ermittlungsgruppe.

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Allerdings erklärt er auch, dass man nicht alle Fakten nach außen tragen kann, wenn diese "aus ermittlungstaktischen Gründen nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind."

Ermittlungsgruppe 2. November

Die Ermittlungsgruppe rund um den Terroranschlag wurde am 11. November, also am vergangenen Mittwoch, eingerichtet. Grund dafür war, dass man immer mehr Personal für die Ermittlung brauchte. "Damit auch der Regeldienst geordnet ablaufen kann", erklärt Lohnegger.

So habe man für die Gruppe verschiedene Experten aus ganz Österreich engagiert, die "unsere Ermittler unterstützen werden."

Der Ist-Stand der Ermittlungen sieht wie folgt aus: es wurden 60 Befragungen und 20 Hausdurchsuchungen durchgeführt. Außerdem wurden über 300 Hinweise abgearbeitet. "Einige Hinweise sind noch offen, diese werden wir akribisch abarbeiten." 

Zum Täter

Der Leiter der Ermittlungsgruppe erklärt, dass die Waffe des Täters eine Lizenzfertigung einer AK-47 ist und "offensichtlich in Serbien hergestellt wurden." Teile davon sollen in China fabriziert worden sein.

Bei der Faustfeuerwaffe handelt es sich um eine Tokarev, die mit in Serbien hergestellter Munition verwendet wurde.

Ermittelt wird weiterhin, wie der Attentäter in die Wiener Innenstadt gekommen ist. "Was wir ausschließen können, ist, dass der Täter mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Innenstadt gekommen ist. Taxis sind noch nicht ausgeschlossen", so Lohnegger.

"Für uns hat es oberste Priorität alle Personen die mit dem Anschlag in Wien in Zusammenhang stehen rasch auszuforschen, damit das Gefahrenpotenzial minimiert werden kann", erklärt Lohnegger und ergänzt, dass weiterhin von nur einem Täter ausgegangen wird. "Streng zu trennen aber von weiteren Mittätern die in unserem Fokus stehen." 

Appell an die Bevölkerung

Lohnegger bedankt sich zudem bei den Hinweisen aus der Bevölkerung und appelliert an all jene, die vielleicht noch Informationen haben: "Gehen sie damit zur Polizei. Denn wir können abklären, ob uns diese Informationen weiterhelfen. Haben sie Mut, kommen sie auf die Polizeidienststellen wenn sie Wahrnehmungen gemacht haben." Auch die Zusammenarbeit mit Partnerdiensten und den inländischen Behörden, wie die Staatsanwaltschaft Wien, funktioniert gut und auch dafür bedankt sich Lohnegger. 

21 Festnahmen

In den Dank stimmt auch Nina Bussek von der Staatsanwaltschaft Wien ein. In der Nacht des Anschlags waren drei Journal-Staatsanwälte im Einsatz, "wobei eine Kollegin auch selbst am Tatort anwesend war, um sich selbst ein Bild zu machen. Sie hat auch dann die ersten beiden Obduktionen angeordnet."

Insgesamt 21 Personen wurden in weiterer Folge festgenommen, zehn davon befinden sich in U-Haft. "Ihnen wird vorgeworfen, dass sie im Vorfeld des Attentats damit zu tun hatten oder selbst Teil einer terroristischen Organisation sind." Zu den weiteren Ermittlungsmaßnahmen, so Bussek, gehören Sachverständigengutachten und auch die Rufnummern-Rückverfolgungen. Außerdem steht die Staatsanwaltschaft Wien in regem Austausch mit den Behörden in Deutschland und der Schweiz. 

Spur führt nach Italien

Unterdessen meldeten italienische Medien, dass jener 35-jährige Tschetschene, der von den Anti-Terror-Behörden der lombardischen Stadt Varese wegen Dokumentenfälschung festgenommen worden ist, Kontakt zu einer tschetschenischen Gruppe aus Ex-IS-Kämpfern hatte, mit denen auch der Wien-Attentäter in Verbindung stand. Dies berichtete die Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“.

Seit sechs Monaten ermitteln die Staatsanwälte gegen den Tschetschenen. Die „The Caucasian Job“ genannte Untersuchung war eingeleitet worden, nachdem die österreichischen Geheimdienste berichtet hatten, dass der Tschetschene Mitglied einer fundamentalistischen tschetschenischen Gruppe war, die angeblich 2019 einen Anschlag in Wien über die Weihnachtsfeiertage plante.

Der in Varese lebende Tschetschene wird beschuldigt, Mitglied eines internationalen Rings zu sein, das online gefälschte Dokumente verkaufte. Er soll in den nächsten Tagen von einem Untersuchungsrichter einvernommen werden, der über die Verlängerung der Untersuchungshaft entscheiden muss. Die Ermittler seien mit den Wiener Kollegen in Kontakt, berichtete „Corriere della Sera“.
Laut den italienischen Ermittlern, lieferte der Tschetschene der in Österreich etablierten Gruppe aus nach Europa zurückgekehrten ehemaligen IS-Kämpfern nicht nur gefälschte Ausweise und Pässe, sondern auch Geld. Die Ermittler schließen einen Waffenhandel nicht aus.

Der Mann wurde in seiner Wohnung festgenommen, in der er seit einigen Monaten wohnte. Davor hatte er in der Nähe des Lago Maggiore gelebt. Er verließ die Wohnung nur selten. Er war bisher nicht polizeibekannt. Die italienischen Justizbehörden erkundigten sich bei den russischen Geheimdiensten, ob der 35-Jährige zu den Kämpfern im zweiten Tschetschenien-Krieg (1999-2009) zählte. In seiner Wohnung wurden gefälschte Ausweise verschiedener osteuropäischer Länder beschlagnahmt.

Kunden kontaktierten den Tschetschenen telefonisch oder per Internet. Nachdem die Bande das Foto des Kunden und Geld per Money Transfer erhalten hatte, wurden die gefälschten Ausweise geliefert. Der Preis dafür rangierte zwischen 300 und 1.500 Euro. Die Organisation warb in sozialen Medien für ihr Geschäft.

In der Wohnung des Tschetschenen wurden 30 gefälschte Ausweise, Führerscheine und Pässe sowie vier PCs und 14 Smartphones beschlagnahmt. Durchsucht wurden außerdem die Wohnungen von zwei legal in Italien lebenden ukrainischen Männern im Alter von 42 und 64 Jahren.

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