Schwerer sexueller Missbrauch: Fünf Jahre Haft für Seisenbacher
Peter Seisenbacher ist am Montag am Wiener Landesgericht wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er wurde in vollem Umfang der Anklage schuldig erkannt.
Urteil gegen Peter Seisenbacher
Seisenbacher zeigte bei der Urteilsverkündung keine emotionale Reaktion. Einige seiner Anhänger aus Judo-Kreisen wirkten entsetzt. Der vorsitzende Richter Christoph Bauer meinte zu Beginn seiner Urteilsbegründung, sämtliche Belastungszeuginnen hätten einen "außerordentlich glaubwürdigen" Eindruck gemacht: "Wir haben nicht den Eindruck gehabt, dass die drei lügen, dass die drei sich geirrt haben, dass die drei gegen sich verschworen haben."
Bei einem Strafrahmen von bis zu zehn Jahren erschien dem Gericht eine fünfjährige Freiheitsstrafe tat- und schuldangemessen. Mildernd waren Peter Seisenbachers bisherige Unbescholtenheit, der lange zurückliegende Deliktszeitraum und dass seit rund 15 Jahren keine weiteren strafbaren Handlungen des Judo-Olympiasiegers von 1984 und 1988 bekannt geworden sind.
Erschwerend wertete der Senat demgegenüber das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und Vergehen, dass es mehrere Opfer gegeben hat und den langen Deliktszeitraum. Das erste Mädchen, an dem sich Seisenbacher laut erstinstanzlichem Urteil vergriffen hat, war neun Jahre alt, als er die ersten Missbrauchshandlungen setzte. Diese dauerten mehrere Jahre an.
Auf die Frage, ob er das Urteil verstanden habe, nickte der gefasst wirkende Seisenbacher kurz. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Verteidiger Bernhard Lehofer erbat Bedenkzeit. Staatsanwältin Ursula Schrall-Kropiunig gab vorerst keine Erklärung ab.
Der Seisenbacher-Prozess
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Fünf Jahre Haft - nicht rechtskräftig
Der Richter verkündet das Urteil: Fünf Jahre Haft. Seisenbacher zeigte bei der Urteilsverkündung keine emotionale Reaktion. Einige seiner Anhänger aus Judo-Kreisen wirkten entsetzt. Der vorsitzende Richter Christoph Bauer meinte zu Beginn seiner Urteilsbegründung, sämtliche Belastungszeuginnen hätten einen „außerordentlich glaubwürdigen“ Eindruck gemacht: „Wir haben nicht den Eindruck gehabt, dass die drei lügen, dass die drei sich geirrt haben, dass die drei gegen sich verschworen haben.“ Außerdem zeigte sich der Richter ausdücklich irritiert über den "langen Kurzschluss" von Seisenbacher - so hatte dieser seine Flucht vor drei Jahren begründet.
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Seisenbacher hat das letzte Wort
Seisenbachers Anwalt spricht von Enttäuschung der Opfer, weil sie "fallen gelassen" wurden. Die Polizei hätte jeden Stein in der Vergangenehit des Judokas umgedreht und niemand hätte etwas Schlechtes über ihn gesagt - außer die drei Opfer, die sich kennen würden. Seisenbacher hat das letzte Wort: ich schließe mich den Ausführungen meines Anwalts an.
Die Schöffen ziehen sich nun zurück. Mit einer Urteilsverkündung ist jedenfalls nicht vor 15.45 Uhr zu rechnen. Der KURIER meldet sich wieder.
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Schlussplädoyer von Seisenbachers Anwalt
"Wie verhält man sich, wie tritt man vor Gericht auf, um nicht als Narzist oder sogar Teufel da zu stehen?", fragt Anwalt Lehofer. Seisenbacher sei keinesfalls ein typischer Täter. Er hatte viele Frauen und passe nicht ins Missbrauchsschema hinein. Für einen Olymiasieger habe er ein durchaus bescheidenes Auftreten, sei nicht der Narzist, der über andere "drüber fährt", führt Lehofer aus. Der Anwalt habe sehr viele Mails und Anrufe von Menschen heralten, die als Leumundszeugen zugunsten Seisenbachers auftreten wollten.
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"Kindliche Verliebtheit"
Die Aussage des ersten Opfers, das betonte wie gern sie den Angeklagten mochte, mache das Opfer laut Staatsanwältin viel glaubwürdiger. Sie spricht von einer "Kindlichen Verliebtheit" die einen Erwachsenen auf keinen Fall berechtigen würde, sexuelle Handlungen vorzunehmen. Die Opferanwältin wendet sich an die Schöffen. "Es ist heftig, in so einem Prozess zu landen und dann auch noch mit so einer Thematik konfrontiert zu sein. Seisenbacher sei ein charismatischer Führer gewesen, dem es nicht an Frauenkontakten mangelte. "Ähnliche Figuren sehen Sie auch in Sekten, wo es zu Missbrauch kommt." Die Anwältin spricht über eine narzistische Störung: "Narzisten haben eine enorme Anziehungskraft und selten Angst. Der Preis ist Unterwerfung und Abhängigkeit. Sein Strahlen hat auch die Kinder leuchten lassen." Die Nähe und die Bindung seien Teil Seisenbachers Trainingsideologie gewesen.
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Das Schlussplädoyer der Staatsanwältin
Nachdem die Opfervertreterin symbolisch zehn bzw. Hundert Euro Schmerzensgeld beantragt hat, beginnt die Staatsanwältin mit ihrem Schlussplädoyer.
In solceh Fällen sei es laut er Staatsanwältin für die Täter selbst schwer, einzugestehen, Kinder missbraucht zu haben. Das Angeklagte habe von Rache gesprochen. Gründe für eine VErschwörung gegen ihn, habe er allerdings nicht genannt. Warum also, hätten sich die mutmaßlichen Opfer gegen in verschwören sollen, fragt die Staatsanwältin in den Raum. Die Aussagen der drei Opfer seien hingegen äußerst glaubwürdig und nachvollziehbar. Es sei nicht üblich, dass Opfer - wie in diesem Fall - zur Staatsanwaltschaft kommtn und Anzeige erstatten. Vor allem, weil es sich bei dem Angeklagten um einen zweifachen Olympiasieger handelt. So eine Anklage habe für Seisenbacher medial "katastrophale Konsequenzen", sagt die Staatsanwältin.
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Anträge abgewiesen
Der Richter weist die Anträge auf Vernehmungen weiterer Zeugen ab. "Verbrechen werden selten vor großem Publikum begangen", sagt der Richter. Die beantragten Zeugen könnten mangels Wahrnehmung nichts beitragen.
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Anwalt will Zeugen aus Japan laden
Lehofer will, dass ein Professor einer Universität und dessen Assistentin aus Japan im Prozess aussagen. Außerdem will er einen weiteren Judoka laden.
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Es geht weiter
Die Zeugenbefragungen sind abgeschlossen. Ein Zuschauer im Gericht symbolisiert Seisenbacher, dass er ihm die Daumen drückt. Der Ex-Judoka nickt dem Mann zu. Er dürfte sich nun zu den Zeugenaussagen äußern, will das aber nicht. Sein Anwalt beantragt die Einvernahme weiterer sieben Zeugen. Zum Teil handelt es sich um ehemalige Schülerinnen und Schüler, die zeitgleich mit Opfer L. trainiert haben. Aber auch Trainer sollen befragt werden. "Da wird hervorkommen, dass der Angeklagte die Taten nicht begangen hat." Die Zeuginnen hätten laut Anwalt Lehofer nicht nur keine Übergriffe wahrgenommen, obwohl sie sie hätten wahrnehmen müssen, ihnen wäre auch nicht aufgefallen, dass Opfer L. öfters ins Schlafzimmer gerufen worden wäre.
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Pause
KURIER-Gerichtsreporterin Michaela Reibenwein meldet, dass die Presse nun den Raum verlassen musste. Wir melden uns wieder, sobald öffentlich weiter verhandelt wird. -
"Weißt eh, ich habe auch was mit dem Peter"
Wieder ist eine Frau im Zeugenstand, mit der Seisenbacher ein Verhältnis gehabt haben soll. Der Richter kündigt an, dass die Presse den Raum verlassen muss, wenn es um den privaten Bereich geht. Die Zeugin schildert, dass sie 1995 im Alter von zehn Jahren mit Judo begonnen hatte. Auch sie war bei Auslandsturnieren und Trainingslagern dabei. Opfer L. hätte einmal zu ihr gesagt: "Weißt eh, ich habe auch was mit dem Peter." Die Zeugin will Seisenbacher daraufhin mit dieser Aussage konfrontiert haben. Ihn habe es gestört und geärgert, dass die beiden darüber geredet haben. Es sei nichts gewesen. Es sei für ihn unangenehm, wenn jemand von der Beziehung erfährt, soll Seisenbacher laut Zeugin gesagt haben.
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Zeuge aus Seisenbachers Trainerteam wird befragt
Der Mann war von 1995 bis 1998 im Team Seisenbachers. Ihm sei nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Das Verhältnis zwischen Opfer L. und Seisenbacher sei sehr gut gewesen. "Ich hatte den Eindruck, dass sie sehr talentiert ist. Sie haben deshalb etwas anders trainiert. Aber sie wurde nicht bevorzugt", sagt der ehemalige Trainer, der bei der Polizei angab, L. sei Seisenbachers Lieblingsschülerin gewesen.
Seisenbachers Anwalt Bernhard Lehofer verliest eine weitere Aussage des Zeugen: Demnach hatte sein Klient bei den Trainingslagern regelmäßig Damenbesuch und sei deshalb im Stress gewesen.
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"Kein Mensch hätte mir geglaubt!
Die Schilderungen des Zeugen gehen weiter. Er sei einmal in der Nacht aufgewacht und habe eines der Opfer gesehen, das nur mit einem T-Shirt bekleidet war und keine Hose trug. "Und ich sah seinen (Seisenbachers, Anm.) Kopf. Für mich wars absurd. Der Peter liegt auf der L. drauf. Kein Mensch hätte mit das geglaubt."
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"Habe mich unwohl gefühlt"
Der nächste Zeuge ist ein junger Mann. Als er neun Jahre alt war, hat Seisenbacher ihn trainiert. Er sagt aus, dass er damals etwas Ungewöhnliches wahrgenommen hätte.
"Es gab komische Situationen, wo ich mich unwohl gefühlt habe. Im Schlafsack hat es Bewegungen gegeben, die komisch für mich waren. Ich habe das als kleines Kind aber nicht einordnen können", sagt der Mann. Zugetragen haben soll sich die "komische" Situation im Rahmen eines Trainigslagers in Wien.
Richter: "Was hat das mit dem Schlafsack zu tun?"
Zeuge: "Ich wusste, da passiert irgendwas mit einer anderen Person. Ich habe aber nur Seisenbacher im Schlafsack wahrgenommen." Am nächsten Tag habe der Mann das mutmaßliche Opfer gesehen und es sei ihm aufgefallen, dass die Frau sehr schlecht aussah. Eine zweite, ähnliche Situation soll sich in Güssing abgespielt haben. "Ich erzählte es am nächsten Tag einem Freund. Peter hörte das und sagte, dass ich träume. Es waren komische Bewegungen im Schlafsack. Ich dachte, das war ein Spiel."
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Die erste Zeugin wird aufgerufen
Die Frau im Zeugenstand hatte eine Beziehung zu Peter Seisenbacher. "Mir ist gar nichts aufgefallen. Wenn ich nur ansatzweise ein komisches Gefühl gehabt hätte, dann hätte ich sicher keine Beziehung mit ihm geführt. Ich hatte damals ja auch eine kleine Tochter."
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Erklärungsversuche
Peter Seisenbacher erzählt, er habe einem der vermeintlichen Opfer eine Trainingsstelle in Japan besorgt. Weil dort aber etwas vorgefallen sei - was genau benannte er nicht - habe die Frau die Uni verlassen müssen. Es habe dann ein Treffen der beiden in Japan gegeben, um eine Lösung zu finden. Seisenbacher konnte allerdings nicht helfen.
Der Richter fragt: "Weil Sie ihr damals in Japan nicht geholfen haben, zeigt Sie sie an wegen sexuellen Missbrauchs?"
Seienbacher kontert: "Sie haben Ihnen Märchen erzählt."
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Seisenbacher spricht
Der ehemalige Spitzensportler betritt den Saal. Anders als beim letzten Gerichtstermin applaudieren ihm seine Unterstützer diesmal nicht. Auf die Aussagen der zwei mutmaßlichen Opfer angesprochen, sagt Seisenbacher: "Sie sagen die Unwahrheit."
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Der Gerichtssaal ist voll
Um 9.30 startet der Prozess gegen den ehemaligen Olympiasieger. Im Gerichtssaal haben sich viele Unterstützer des Ex-Judoka versammelt. Auch das Interesse der Medien ist groß. Sieben Justizwachebeamte bewachen Seisenbacher. Er soll am Montag als Erster zu Wort kommen, danach ist die Befragung "sensibler Zeugen" geplant.
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