Messerattacke in Wiener Beisl: Lebenslange Haft

Messerattacke in Wiener Beisl: Lebenslange Haft
Der Mann hatte mehr als 1,5 Promille und Amphetamin im Blut sowie Kokain im Urin. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Im Prozess rund um eine Messerattacke in einem Wiener Beisl ist Dienstagabend ein 40-Jähriger wegen zweifachen Mordversuchs und absichtlich schwerer Körperverletzung zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Zudem wurde der Mann in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Er soll in dem Lokal in Margareten auf drei Gäste losgegangen sein. Der Mann schnappte sich laut Anklage nach einem Streit die Waffe von der Schank und stach auf die Männer ein.

Vorgeworfen war dem Mann ursprünglich dreifacher Mordversuch, in einem Fall verwarfen die Geschworenen, dass es sich um ein vorsätzliches, versuchtes Tötungsdelikt handelte. Die Laienrichter werteten die dritte Attacke als absichtlich schwere Körperverletzung. Zudem muss er den drei Opfern mehr als 14.000 Euro Entschädigung zahlen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der 40-Jährige meldete volle Berufung an, die Staatsanwaltschaft verzichtete auf Rechtsmittel. Am Ende der Verhandlung entschuldigte er sich bei den verletzten Männern. "Es war nie meine Absicht, jemanden zu töten, das ist absurd", so der 40-Jährige. Er könne sich nicht erklären, warum das so eskaliert ist.

Persönlichkeitsstörung

Mildernd wurde gewertet, dass es sich in zwei Fällen um einen Versuch handelte, dass aufgrund des Alkohol- und Drogenkonsums seine Dispositionsfähigkeit vermindert war und dass er ein Geständnis ablegte. Erschwerend waren die zahlreichen Vorstrafen, der schnelle Rückfall nach einer Haftentlassung im Jänner und die Verwendung einer Waffe.

Der Angeklagte bekannte sich am ersten Verhandlungstag im August des Mordversuchs nicht schuldig, gab aber die Körperverletzungen zu. Er konnte sich aufgrund seiner Alkoholisierung und seines Drogenkonsums nur noch lückenhaft an den Abend erinnern. "Mir fehlt die konkrete Erinnerung", sagte er beim Prozessauftakt. Aufgrund einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, die mit der Gefahr verbunden ist, dass der 40-Jährige auch in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit schwere Straftaten begeht, wurde der Wiener nach einem Gutachten des Sachverständigen Peter Hofmann zusätzlich in ein forensisch-therapeutisches Zentrum nach Paragraf 21/2 Strafgesetzbuch eingewiesen.

Ganzer Abend an der Schank

Der Wiener ist eigentlich gelernter Kellner und hätte im vergangenen September einen Kurs zur Umschulung absolvieren sollen, weil er aufgrund seiner Alkohol- und Drogensucht in der Vergangenheit immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt geriet. "Im Gastgewerbe arbeiten war aufgrund meiner Alkoholsucht nicht mehr möglich", sagte er dem Schwurgericht (Vorsitz: Eva Brandstetter). Er trinke nicht täglich, auch nicht zu Hause, aber wenn er fortgehe "leider sehr viel".

Auch am Nachmittag vor der Tat besuchte er wie des Öfteren das Beisl in Margareten. Die Wirtin war mit ihm freundschaftlich verbunden, eigentlich hätte er an dem Tag ein Auto für sie holen sollen, jedoch hatte er seinen Führerschein vergessen. So saß er den ganzen Abend an der Schank und trank - laut der Lokalbesitzerin sieben Bier, Jägermeister, ein Bacardi-Cola, zudem konsumierte er Kokain und Amphetamin. Für seine Verteidiger, Michael Dohr und Amir Ahmed, "eine explosive Mischung".

Zu später Stunde kam auch ein Freund hinzu, der dann irgendwann sein Handy vermisste. Daraufhin starteten die beiden eine Suchaktion, wobei auch das Licht in dem Lokal aufgedreht wurde. Eine Partie am Nebentisch wurde nach dem Verbleib des Telefons befragt. Dabei dürfte es zu einer Diskussion zwischen den beiden Wienern und der Gruppe Serben in dem Lokal gekommen sein.

Filmriss

Wie und warum der Angeklagte das Messer von der Schank holte, war auch bei der Verhandlung nicht zu 100 Prozent herauszufinden. Der Mann konnte sich nur noch schemenhaft erinnern und sagte, verinnerlicht sei ihm nur noch die Diskussion und das Messer. Er glaubte, dass eine Gruppe Männer auf ihn losgegangen sei. Dann habe er einen Filmriss. Wieder zu sich gekommen war er auf der Straße, als er merkte, dass er voller Blut sei. Auch er trug Verletzungen davon, hatte einen Kieferbruch und einen Bruch der Augenhöhle erlitten. Wer ihm dies zugefügt hatte, war unklar. "Wie die Verletzungen zustande gekommen sind, darüber hat sich jeder in diesem Saal ausgeschwiegen", meinte auch Dohr.

Sein Freund behauptete, dass einer der Serben auf den 40-Jährigen bedrohlich zugegangen sei, die beiden hätten dann gerangelt und der 40-Jährige habe sich nur gewehrt. Die anderen Gäste meinten übereinstimmend, dass der Beschuldigte zum Tisch gekommen sei und auf einen von hinten in den Nacken eingestochen habe. Zwei Serben kamen dem Attackierten zu Hilfe und wurden ebenfalls verletzt. Sie schlossen sich dem Verfahren als Privatbeteiligte an.

Lebensgefährliche Verletzungen

Zehn Mal hat er laut Staatsanwältin auf die Männer eingestochen. Einer erlitt lebensgefährliche Verletzungen und hätte ohne ärztliche Hilfe nicht überlebt, die beiden anderen wurden schwer bzw. leicht verletzt. Die Zeugen sprachen beim ersten Stich von einem gezielten Angriff, dann soll der 40-Jährige das Messer eher hin- und hergeschwungen haben.

Seine Straftaten hätte er stets unter Einfluss von Rauschmitteln begangen, betonten seine Verteidiger. Im Alltag würde er sich normal verhalten, sein Freund bezeichnete ihn als einen guten Menschen. "Das war eine Ausnahmesituation, die nicht seinem Typ entspricht", meinte der Freund, bei dem der Angeklagte auch gewohnt hatte, im Zeugenstand. Erst Tage vor der Tat hatte er die Wirtin vor einem Übergriff in ihrem Lokal gerettet. Und sogar jetzt in Untersuchungshaft hat er vor einer Woche einem Gefangenen das Leben gerettet, wie er am heutigen Prozesstag berichtete.

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