Maulkorb für unzufriedene Patientinnen

Maulkorb für unzufriedene Patientinnen
Ein Gynäkologe droht Frauen nach Beschwerden über Behandlung mit Klage

Die Praxis jener Wiener Abtreibungsärztin, bei der es wiederholt zu schweren Pannen gekommen sein soll, ist vorerst geschlossen (der KURIER berichtete).

Offenbar nicht die einzige Ordination in Wien, in der Handlungsbedarf besteht. Dem KURIER liegt der Fall eines Wiener Gynäkologen vor, der in den vergangenen Jahren wiederholt versucht hat, unzufriedene Patientinnen juristisch einzuschüchtern. Die Frauen hatten sich über merkwürdige Verschreibungspraktiken beschwert.

Eine davon ist Frau R. (Name geändert). Der Arzt verordnete ihr mehrere Medikamente und verrechnete ihr dafür einen dreistelligen Euro-Betrag. Wie Frau R. später herausfand, waren einige dieser Arzneien in Österreich nicht zugelassen, andere wiederum hätten über die Krankenkasse verrechnet werden können.

Anwaltsbrief

Als die Frau die Medikamente zurückgeben wollte, wurde ihr erklärt, die Rechnung sei wegen eines Beratungsgesprächs ausgestellt worden. Sie schaltete daraufhin die Patientenanwaltschaft ein, der Mediziner sofort seinen Anwalt. In einem Schreiben wurde die Frau aufgefordert, ihre Aussagen gegenüber der Patientenanwaltschaft zu widerrufen, da diese eine Ruf- und Kreditschädigung darstellen würden. Andernfalls müsse man einen vierstelligen Betrag einklagen. „Ich bin mir richtiggehend misshandelt vorgekommen“, erzählt die Patientin. „Damals war ich fix und fertig.“

Andere Frauen wiederum mussten eine schriftliche Vereinbarung unterzeichnen, dass im Fall von Unstimmigkeiten die Schiedsstelle der Ärztekammer als Schlichtungsstelle zu wählen ist. Damit sollte ihnen die Möglichkeit genommen werden, sich an die Patientenanwaltschaft zu wenden. „So werden die Patienten um ihre Rechte gebracht“, kritisiert Wiens Patientenanwältin Sigrid Pilz. Sie wirft auch in dieser Causa der Ärztekammer Untätigkeit vor.

Disziplinarrat

Auch bei der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) ist der Gynäkologe kein Unbekannter: „Es hat in den vergangenen Jahren mehrere Patientenbeschwerden gegen diesen Vertragsarzt gegeben, welche uns veranlasst haben, die entsprechenden Fälle dem Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer zur Kenntnis zu bringen.“

Man könne zu diesem Fall keine Auskunft geben, heißt es dort auf KURIER-Anfrage.

Der betroffene Arzt sieht sich als Opfer einer Intrige: „Seit Jahren versucht mich die WGKK zu desavouieren. Sie wollen mir den Kassenvertrag entziehen, weil ich ihnen mit meiner großen Zahl an Patientinnen zu teuer komme.“ Nur aus diesem Grund habe er sich gezwungen gesehen, sich juristisch zu wehren.

Doch wozu ist die schriftliche Vereinbarung mit den Patientinnen notwendig? „Ich habe mit der Patientenanwaltschaft schon so meine Erfahrungen gemacht. Die Ärztekammer-Schiedsstelle hat Gutachter, die Konfliktfälle medizinisch beurteilen können.“

Kommentare