Schwedenplatz, 8 Uhr früh: Ein Security-Mitarbeiter pfeift eine fröhliche Melodie. Bedenkt man seine undankbare Aufgabe, scheint es etwas früh für so viel gute Laune: Er und sein Kollege müssen zur Stoßzeit Maskenkontrollen durchführen – ja, die gibt es noch.
Laut Wiener Linien sind weiterhin täglich 110 Sicherheitsmitarbeiter unterwegs. Durch ihre leuchtend roten Westen sind sie sofort erkennbar, auch für Fahrgäste der einfahrenden U1. Noch bevor die Tür aufgeht, kramen einige in Rucksäcken, Hand- und Jackentaschen nervös ihre Maske hervor.
Auf der Fahrt Richtung Leopoldau gehen die Securitys jedes Abteil ab. Die Mehrheit hält sich an die Tragepflicht, den Rest macht man darauf aufmerksam. Niemand muss aussteigen, gestraft wird auch nicht.
Strenge Blicke statt Strafen
Fällig wäre laut Hausordnung der Wiener Linien eine Strafe von 50 Euro. Wer der Pensionistin Maria ohne Maske begegnet, kassiert jedenfalls einen strengen Blick: „Ich spreche es nicht direkt an, schaue die Leute aber ganz genau an. Manche entschuldigen sich dann“, sagt die über 70-Jährige dem KURIER.
Maria wartet am Westbahnhof auf die U6, lässt den ersten Zug aber aus: „Zu viele Menschen“, erklärt sie. Die Maske störe sie weniger: „Ich trage sie immer, auch wenn ich dadurch schlecht Luft bekomme.“
Schwarzfahrer und Maskenmuffel
Die Maskenpflicht haben auch Fahrscheinkontrolleure im Blick. Im Zuge ihrer Kontrollen werden mehr Strafen ausgestellt als auf den Touren der Securitys, wie die Wiener Linien erklären.
Vor der U4 in Spittelau sind gegen 11 Uhr ein Dutzend Mitarbeiter aufgestellt. Zahlreiche Fahrgäste ziehen erst auf Nachfrage ihren Mundschutz hervor. Dabei hat man sie, nur eben nicht auf. Schwarzfahrer werden abgestraft, Maskenmuffel heute nur ermahnt.
Wo die Grenzen verlaufen
Genau auf dieses Vorgehen setzt der 19-jährige Marko. Am Stephansplatz wartet er auf die U3, die Maske ist gut verstaut: „Die Regierung hat alle Corona-Maßnahmen zurückgenommen. Die Maske habe ich vor einem halben Jahr brav getragen. Jetzt habe ich keine Lust mehr.“
Am Bahnsteig wird die Maskenpflicht von vielen lockerer ausgelegt, als sie eigentlich gemeint ist. Sie wird erst beim Einsteigen aufgezogen. Theoretisch gilt die Tragepflicht für alle Gebäude der Wiener Linien, daher schon beim Betreten der Station und nicht erst ab dem Entwerter. Darin enthalten sind auch die Bahnsteige.
Gebratene Nudeln
Für jede Person, die beim Lokalaugenschein die Maske als „nervig“ und die Tragepflicht als „sinnlos“ bewertet, gibt es auch eine Gegenstimme. Unter ihnen ist der 19-jährige Ben.
Der Zivildiener sitzt in der Station Schottentor am Bahnsteig und isst gebratene Nudeln aus der Box. Danach will er seine Maske wieder aufsetzen. „Das ist vorgeschrieben. Außerdem will ich andere schützen.“ Letzteres wiege für ihn ohnehin schwerer als eine Verordnung.
Was dem 19-Jährigen auffällt: Je später der Abend, desto weniger Maskenträger gibt es. „Um drei Uhr früh trägt sie kaum noch jemand. Ich habe sie nach dem Fortgehen auch schon vergessen.“ Die Hemmung, auch ohne Maske in die Öffis zu steigen, sei dann gering: „Irgendwie muss man heim.“
Maskenpflicht bleibt
Das Thema wird jedenfalls noch länger für Diskussionen sorgen: Wie berichtet, hat die Stadt Wien angekündigt, die Maskenpflicht bis mindestens Jänner beizubehalten.
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