Grün, grüner, Neubau
Reiter ist einer der wichtigsten Grünen des Landes. Seit fünf Jahren regiert er den grünsten Bezirks Österreich. 44,91 Prozent erhielten die Grünen dort bei der Wien-Wahl 2020. Mittlerweile ist der 7. Bezirk Schicki-Micki-Pflaster. Grün wählen dort längst nicht nur klassische Öko-Grüne, sondern auch eigentlich Konservative. Reiter ist einer, mit dem viele etwas anfangen kommen.
Geboren 1971 in Gmunden in Oberösterreich, kam er fürs Studium der Sozialwirtschaft nach Wien. 1999 gründet er die Sozialeinrichtung Neunerhaus, die obdachlosen und armutsgefährdeten Menschen ein selbstbestimmtes Leben mit medizinischer Versorgung, Wohnraum und Beratung ermöglicht. Bei den Grünen ist er seit 1989. Zunächst in Oberösterreich, dann als Bezirksrat im 7. Bezirk.
In den fünf Jahren seiner Amtszeit als Bezirksvorsteher legte Reiter an Macht zu. Während die Bezirksorganisationen in anderen Bezirken angehalten sind, scharfe Oppositionspolitik zu machen – zum Missfallen vieler Bezirksrätinnen und Bezirksräte – lobt Reiter die Kooperation mit der Stadt.
Das muss er auch – mit einem Bezirksbudget von vier Millionen Euro hätte er Projekte wie die Umgestaltung der Ziegler-, Zoller- oder Neubaugasse nicht stemmen können. Und das hat ihm Neid von anderen (roten) Bezirksvorstehern eingebracht. Der Reiter, der kriege alles, heißt es gerne.
Kümmern, nicht eröffnen
Im Bezirk gilt Reiter als einer, der gerne selbst zur Tat schreitet: Als sich 2020 ein Autofahrer in die Fußgängerzone der Mariahilfer Straße verirrt und auf Reiter auf dem Rad stößt, hält ihn dieser an. Das Video landete mit dem Titel „Selbstjustiz“ im Boulevard.
Nach der Umgestaltung der Neubaugasse, erzählt eine Geschäftsfrau, habe Reiter höchstselbst darauf geachtet, dass jeder auch wirklich nur den erlaubten Platz für die Wühltische verstellt – und keinen Zentimeter mehr. „Man kann drüber diskutieren, ob ich mich hätte filmen lassen sollen“, sagt Reiter. „Aber der Punkt ist: Ich bin in die Politik gegangen, um etwas zu verändern und zu gestalten, für eine bessere Lebensqualität und ein gutes Miteinander.“
Die Anekdote aus der Neubaugasse kostet ihn einen Lacher. „Ja, das bin ich. Ich eröffne nicht nur, ich kümmere mich auch.“ Dass in der Neubaugasse alle gewünschten Nutzungen untergebracht wurden, sei „wirklich Zentimeterarbeit“ gewesen. „Also ja, es braucht auch diese nachgehende Sorge im öffentlichen Raum.“
Das mit der Lebensqualität ging sogar so weit, dass sich Reiter mit Immobilien-Tycoon René Benko anlegte – und von ihm verlangte, den Dachgarten auf dem Leiner-Grund geplanten Luxus-Einkaufszentrum der Öffentlichkeit kostenlos zugänglich zu machen.
Partei-Position
Parteiintern gilt Reiter als einer, der gerne sagt, was er sich denkt. Nach außen ist er zuletzt nicht (mehr) als großer Kritiker aufgetreten. Dass er sich zu Beginn seiner Amtszeit öfter zu Wort gemeldet habe, habe auch damit zu tun, dass er – nachdem die Grünen ja nicht mehr in Regierungsverantwortung sind – einer der wenigen Grünen war, die auch in der Position waren, etwas zu sagen, sagt er.
Bei seinem Amtsantritt versprach Reiter auch: mehr Grün. Mittlerweile ließ er die Zieglergasse zur „Kühlen Meile“, die Zoller- und die Neubaugasse zum Teil in Fußgänger- und Begegnungszonen umbauen. Als nächsten Schritt will Reiter das Siebensterngrätzel im Zuge des U5-Ausbaus in ein „Power Grätzel“ (in Anlehnung an die Supergrätzel, Anm.) umgestalten – und private Hausbesitzer dazu bringen, von Gas auf Fernwärme oder Erdwärme umzustellen. Dafür ist er auch bereit, öffentlichen Raum bereitzustellen.
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