Unternehmer wollen mitstimmen
Nach zähem Ringen sollte es heute, Donnerstag, so weit sein: Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und seine Stellvertreterin Maria Vassilakou (Grüne) wollen die endgültigen Details der für Februar geplanten Bürgerbefragung zur Mariahilfer Straße präsentieren.
Eines ist jetzt schon fix: Mitstimmen dürfen nur die Bewohner des 6. und 7. Bezirks, nicht aber die Unternehmer, die zwar hier ihr Geschäft betreiben, ihren Wohnsitz aber woanders haben. Betroffen sind mehr als die Hälfte der 9000 Unternehmen in Mariahilf und Neubau, schätzt der Wirtschaftsbund. „Einerseits überlegt man, EU-Bürger mitstimmen zu lassen, andererseits behandelt man die Geschäftsleute als Bürger zweiter Klasse“, sagt Michael Weinwurm, Wirtschaftsbund-Obmann in Neubau.
Mit seinem Ärger ist er nicht allein: „Ich bin für die neue Mariahilfer-Straßen-Regelung. Trotzdem finde ich es nicht gut, dass die Unternehmer nicht befragt werden. Wir sind die, die am meisten betroffen sind“, sagt etwa Günter Schöffmann vom Taschengeschäft Ozelot in der Lindengasse.
„Frechheit“
Betroffen fühlt sich auch Marion Litschke vom Juwelier Gotsch direkt auf der Mariahilfer Straße: „Wir Unternehmer sind das Herzstück der Straße. Meine Familie hat das Geschäft seit 1827, und mit der neuen Regelung ist alles schlechter geworden. Wir haben massive Einbußen.“ Dass sie nicht nach ihrer Meinung gefragt wird, sei eine „ausgesprochene Frechheit“.
Keine Einzelmeinungen: Mehr als 86 Prozent der lokalen Unternehmer wollen bei der Befragung miteingebunden werden, zeigt eine Wirtschaftsbund-Umfrage. Das fordert auch Wirtschaftskammer-Präsidentin Brigitte Jank.
Von Rot und Grün kommt unisono eine Absage: Wohnen sei für gewöhnlich die Grundlage für eine Teilnahme. Sonst müsste man ja auch über Arbeitnehmer im Bezirk reden, heißt es im Büro Vassilakou. „Darunter fallen dann auch jene, die nur 20 Stunden pro Woche in Betrieben im 6. und 7. Bezirk arbeiten“, macht SPÖ-Verkehrssprecher Gerhard Kubik die Schwierigkeit einer Grenzziehung deutlich. Auch für ihn haben die Bewohner Priorität.
Manuel Knakal vom Schuhgeschäft Art & Style in der Amerlingstraße kann darüber nur müde lächeln: „Letztes Jahr waren wir noch sechs Mitarbeiter, jetzt sind wir nur noch zu zweit“, schildert er die Folgen der umbaubedingten Geschäftseinbußen. „Es ist unglaublich, dass wir einfach übergangen werden.“
Man kennt sie als die Stimme der sogenannten Wutbürger. Wo immer es in Wien um das Thema Bürgerbeteiligung geht, ist Herta Wessely nicht weit. Doch beim Thema „Mariahilfer Straße“ lehnt die Obfrau der Bürgerinitiativen-Plattform „Aktion 21“ eine breiter angelegte Befragung der Bevölkerung überraschenderweise ab. Ihrer Ansicht nach genügt es, die Anrainer im Sechsten und Siebten abstimmen zu lassen.
„Es ist nicht immer das Beste, wenn alle befragt werden. Die Stadtregierung muss einfach etwas durchziehen – auch wenn es für einige unpopulär ist“, schlägt Wessely ungewohnte Töne an.
Für sie steht die angestrebte Verkehrsberuhigung im Vordergrund: „Manchmal sind neue Dinge notwendig, damit ein Umdenken in Gang kommt. Das Auto ist heute einfach nicht mehr ein derartiges Statussymbol wie früher. Viele Junge kommen schon ohne eines aus.“
Allerdings übt Wessely auch Kritik an der Umsetzung des Projekts: „Das Ganze ist von Anfang an ungeschickt angegangen worden. Zuerst große Veränderungen vorzunehmen und erst dann die Bevölkerung dazu zu befragen – das findet bei niemandem Zustimmung.“
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