Mahnwache statt Totengedenken

Mahnwache statt Totengedenken
Am Jahrestag der Kapitulation Hitler-Deutschlands kam Bundesheer statt Burschenschafter

Das ist ein Wendepunkt der österreichischen Geschichte“, freut sich die Biochemikerin Renée Schroeder. Sie gehörte Mittwochvormittag zu den ersten Besuchern der Krieger-Gedenkstätte beim Heldentor. „Bisher habe ich diesen Ort gemieden.“

Mahnwache statt Totengedenken

Doch wo die vergangenen Jahre am 8. Mai – dem Jahrestag der bedingungslosen Kapitulation Hitler-Deutschlands – deutschnationale Burschenschafter ihr umstrittenes „Totengedenken“ feierten, hielten heuer erstmals Garde-Rekruten eine Mahnwache ab.

Am Vormittag besuchte auch Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) die Soldaten am Heldentor. „Die Mahnwache ist ein bewusst gesetztes politisches Zeichen“, betont er gegenüber dem KURIER. „Auch in Zukunft wird hier das Bundesheer als Institution der Republik den Opfern des Faschismus gedenken.“

Die nunmehr vom Heldenplatz verbannten Burschenschafter hatten indes angekündigt, keine eigene Veranstaltung abzuhalten, sondern den heuer erstmals abgehaltenen Gedenkfeiern samt Festkonzert lediglich als „stille Teilnehmer“ beiwohnen zu wollen.

Rosen unerwünscht

Mahnwache statt Totengedenken
Dies begrüßte Heldenplatz-Besucherin Barbara Holzheu-Weichselbaumer: „Ein Gedenken an alle Opfer hat der Aufmarsch der Burschenschafter sicher nicht bewirken können.“ Sie hatte eigens eine Rose mitgebracht, die beim Mahnmal niederlegt wurde. Das Sicherheitspersonal zeigte allerdings wenig Verständnis und entfernte die Blume umgehend.

Holzheu war auch gekommen, um die Generalprobe der Wiener Symphoniker zu besuchen, die Mittwochabend beim „Fest der Freude“ ein Gratis-Konzert abhielten. „Leider kann ich am Abend nicht dabei sein.“

Neugierig versammelten sich bereits bei der Probe Touristen vor der Bühne am Heldenplatz, um den Walzerklängen zu lauschen.

Die gut vorbereiteten Fremdenführer erzählten ihnen, worum es bei dem Event geht: „Hier wird die Befreiung Österreichs gefeiert“, erklärte eine davon ihrer Gruppe. „Vom Wetter her ist es aber wohl nicht der beste Tag für ein Open-Air-Konzert. Sie können froh sein, dass Sie am Abend im Kursalon sein werden.“

Auch am Ballhausplatz fand am Mittwoch eine Kundgebung statt. Hier soll das Denkmal für Wehrmachtsdeserteure entstehen. So hat es die rot-grüne Stadtregierung vor wenigen Monaten beschlossen.

Zuletzt wurde aber die Kritik an der Abwicklung des Projekts immer lauter: Während etwa Hamburg für sein geplantes Denkmal 730.000 Euro reserviert, sind für jenes in Wien nur 220.000 Euro vorgesehen. „Hier zeigt sich, wo die politischen Prioritäten liegen“, sagt Thomas Geldmacher vom Personenkomitee „Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz“. Er fürchtet auch, dass das Mahnmal nicht wie angekündigt bis Herbst fertig wird, zumal erst Ende Juni der Sieger des Künstler-Wettbewerbs gekürt wird.

Köln würde zeigen, dass man auch mit 130.000 Euro ein Denkmal errichten könne, kontert Martina Taig von der Initiative „Kunst im öffentlichen Raum“, die das Projekt abwickelt: „Ziel bleibt weiterhin eine Umsetzung noch 2013.“ Aber: „Es kommt auch darauf an, wie der Sieger-Entwurf aussieht.“

Geldmacher fürchtet, dass das Denkmal nicht in dieser Legislaturperiode fertig wird und dann ganz auf Eis gelegt wird. Das bestreitet man im Büro von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Auch eventuelle Mehrkosten sollten kein Aus für das Projekt bedeuten.

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