40 Jahre Männerberatung Wien: "Männerarbeit ist kein 'nice to have'"

Der Vorstand der Männerberatung Wien.
Seit bereits vier Jahrzehnten steht die Männerberatung Wien für gleichstellungsorientierte Männerarbeit. Zu tun gibt es heute mehr denn je, doch die Förderungen sind knapp.

"Männer haben's schwer, nehmen's leicht. Außen hart und innen ganz weich …" Mitte der 1980er sang Herbert Grönemeyer im Lied "Männer" von den Klischees und gesellschaftliche Stereotypen rund um "Männlichkeit". Nur kurze Zeit später gründete eine Handvoll Männer die erste Männerberatungsstelle im deutschsprachen Raum:  

Seit mittlerweile 40 Jahren bietet die Männerberatung Wien Begleitung für Burschen und Männer in schwierigen Lebenslagen. Das niederschwellige Angebot, unterstützt von der Stadt Wien, umfasst geschlechter- und männlichkeitsreflektierte Beratung, Begleitung, Psychotherapie und Coaching. Neben der psychologischen kommt auch die soziale und juristische Hilfe hinzu, "bei allen möglichen Themen, die Männer heutzutage beschäftigen," wie es heißt. 

2024 wurden 7.090 Personen durch den Verein beraten und begleitet – Tendenz steigend, die Nachfrage wachse kontinuierlich. 

"Wir Männer müssen mehr über Gewalt sprechen"

Gerade in den letzten Jahren erfährt das Thema Männerarbeit immer dann traurige Aufmerksamkeit, wenn es zu einem Gewaltverbrechen gegen Frauen kommt. "Wenn Österreich europaweit einen traurigen Spitzenplatz bei Femiziden einnimmt, wird deutlich: Männerarbeit ist kein "nice to have", sondern Pflicht und eine gesellschaftlichen Notwendigkeit," heißt es von Seiten der Männerberatung, die auch eng mit dem Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) kooperiert. Die Arbeit mit Gewalttätern sowie Gewaltprävention ist deshalb ein weiterer Schwerpunkt, nach dem Motto: "Täterarbeit ist Opferschutz“

"Das Bagatellisieren von Gewalt ist unter Männern noch immer stark ausgeprägt. Ein Thema, das leider meist von Frauen bzw. Gewaltopfern in den Diskurs gebracht wird. Doch wir Männer müssen das Problem mehr zur Sprache bringen, insbesondere, da auch viele Männer Betroffene männlicher Gewalt sind," so Žiga Jereb, Psychotherapeut und Geschäftsführer der Männerberatung Wien. 

Vor allem bei Jugendlichen müsse man hier früh ansetzen, da gerade sie in sozialen Medien, Foren und auf Videoplattformen der seit Jahren wachsenden "Manosphere" stark ausgesetzt seien.

Das große Warten auf das Budget

Gewaltprävention ist aber nur ein Aspekt der Arbeit der Männerberatung. Viel mehr wird auch versucht, ein "neues Männlichkeitsbild" zu fördern, das sich durch Vielfalt, Fürsorge, Care-Arbeit und Verbundenheit auszeichnet  – und sich von traditionellen Rollenbildern abgrenzt. Mehr Sichtbarkeit im öffentlichen Raum mit besagten neuen Männlichkeitsbildern ist daher ein großer Wunsch für die Zukunft. "Wir würden gerne mehr mit Testimonials aus Prominenz und Sport dafür zusammenarbeiten. Aber für derartige Kampagnen braucht es natürlich Geld."

Im Gegensatz zur Stadt Wien lasse der Bund mit Fördergeldern derzeit aber auf sich warten. "In den Jahren 2017 und 2018 sind die Förderungen für Gewaltprävention sehr expandiert, jetzt aber warten wir teilweise noch auf Geld, das uns in den letzten drei Jahren zugesagt wurde – wo es bei Anruf im Innenministerium heißt, es sei noch nicht bearbeitet," schildert Bernd Kühbauer, Vorstandsmitglied der Männerberatung.

Das noch eingeeiste Budget auf Bundesebene verursache somit eine Ungewissheit und eingeschränkte Planungssicherheit. "Während wir zum einen wachsen wollen, müssen wir zum anderen das laufende Angebot sowie die Finanzierung unserer 50 Mitarbeitenden aufrechterhalten können." 

Momentan heißt es Abwarten auf einige Fördermittel, für die es noch Bewilligungen aus dem Innenministerium braucht. Die Männerberatung wurde auf Mitte Juni 2025 verwiesen, bis dahin solle die Budgetfrage auf Bundesebene geklärt sein – so hofft man. 

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