Liliputbahn wird 95 Jahre alt: Der Jubiläumszug ist abgefahren
Da kommt er, der Zug. Er ist schon hinter der Ecke, das Tuckern kaum zu hören. Es wird übertönt vom Sprechchor der jubelnden Kinder: „LILI – PUT – BAHN, LILI – PUT – BAHN“. Und dann, plötzlich Stille. Die Enttäuschung spürbar.
„Es ist der falsche Zug“, sagt der Moderator der Veranstaltung Philipp Pertl. Eigentlich hätte anlässlich des 95. Jubiläums der Liliputbahn im Wiener Prater – seit 1928 gibt es die Strecke – eine ganz besondere Lok einfahren sollen. Eine Jubiläumslok sozusagen. Dafür wurde eigens ein Malwettbewerb veranstaltet, bei dem über 200 Kinder ihre Zeichnungen einreichten. Zwei davon wurden ausgewählt und auf eine Lokomotive affichiert.
95 Jahre Liliputbahn
Gekommen ist es aber anders und die falsche Lok fuhr ein. Aus der Not machte der Veranstalter schnell eine Tugend und startete den Sprechchor von vorne: „LILI – PUT – BAHN, LILI – PUT – BAHN“. Und beim zweiten Mal klappt es dann auch. Die (richtige) Lok, verhüllt mit einem weißen Tuch, fährt ein.
Ein Bär kommt zu Hilfe
Der wichtigste Teil kann also beginnen. Die zwei Sieger des Malwettbewerbs, die neun Jahre alte Iida Aino Kovacs und der ebenfalls neun Jahre alte Paul Mohlerbinder, dürfen die Lok enthüllen.
Ganz so einfach gestaltete sich aber auch das nicht: Das weiße Tuch hing fest und ließ sich nicht abnehmen. Max der Bär, das Maskottchen der Liliputbahn, kam aber zu Hilfe, wodurch endlich alle Kinder die Siegerbilder bestaunen konnten. Auf der einen Seite das Bild von Iida, das die Gleise im Grünen zeigt und auf der anderen Seite Pauls Zeichnung (siehe Bild). „Ich habe mir gedacht, einen Zug zu zeichnen, mit der Zahl 95 und einer Krone auf der 9 ist eine gute Idee“, sagt Paul.
Im Anschluss ging es für die Kinder noch auf eine Probefahrt. Rund 20 Minuten dauert die Rundfahrt, die zwischen den Bäumen durchführt. Mittlerweile ist die Strecke ganze 3,9 Kilometer lang. Kurz nach ihrer Errichtung war sie noch etwas kürzer. Damals ging es vom Riesenrad nur bis zur – damals noch stehenden – Rotunde. Erst im Jahr 1933 wurde die Strecke bis zum Stadion verlängert und erreichte damit ihre heutige Ausdehnung.
Liliputbahnen
Im Prater gibt es zwei Dampfloks, vier Dieselloks und eine Wasserstofflok
Errichtung
Errichtet wurde die Liliputbahn anlässlich des Sängerbundtreffens zum 100. Todestag von Franz Schubert im Jahr 1928. Eröffnet wurde sie am 1. Mai
3,9 Kilometer lang
ist der Rundkurs, der in der Nähe des Riesenrads beginnt, bis zum Ernst-Happel-Stadion und zurück führt. Eine Runde dauert 20 Minuten, die Einzelfahrt kostet 6 Euro
Für längere Zeit stehen geblieben ist die Liliputbahn seitdem nur einmal, während des Zweiten Weltkrieges. Die Holzaufbauten der Waggons und das Heizhaus im Prater sind damals völlig niedergebrannt. Die Dampflokomotiven aber haben den Krieg überstanden, weshalb die Liliputbahn schon im Mai 1947 fahren konnte.
Und die Dampfloks fahren noch immer – allerdings nur noch an den Wochenenden als Oldtimer. Unter der Woche kommen die vier Dieselloks zum Einsatz.
Umweltverträglichkeit
Der Anspruch, möglichst umweltfreundlich zu sein, hat in den vergangenen Jahren nämlich auch die Attraktion im Prater erreicht. Ständig wird deshalb an Innovationen getüftelt. Erst vergangenen September haben die Betreiber der Liliputbahn ihre Dampfloks von herkömmlicher Kohle auf Kohle aus zerkleinerten Olivenkernen umgestellt. Diese verursacht weniger Rauch, weniger Geruch und vor allem bis zu 40 Prozent weniger CO2-Emissionen, hieß es damals.
➤ Mehr dazu: Olivenkerne in der Prater-Dampflok: Zug in die Zukunft
Die Olivenkohle ist jedoch nicht die einzige Investition in die Zukunft, an der gearbeitet wird. Über kurz oder lang sollen batteriebetriebene Lokomotiven die vier aktuellen Dieselloks ersetzen.
Wasserstofflok
Für Aufsehen sorgte im Frühjahr 2018 aber auch die „Hydrolilly“, die erste Wasserstoff-Versuchslok Österreichs. Besucher können diese aber noch nicht nutzen. Es zahle sich wirtschaftlich noch nicht aus“, sagt Moderator und Sprecher Philipp Pertl.
Iida, Paul und ihre Schulkollegen drehten ihre Runde deshalb auf einer Diesellok – aber auf der Richtigen. Die mit den neuen Zeichnungen drauf.
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