Lehrgang soll nicht mehr "Imam Hatip" heißen
Am Eingang des Lehrgangs zur Ausbildung islamischer Seelsorger ist der Name nach wie vor zu lesen. Und auch auf den Wimpeln, die die Gänge der Bildungseinrichtung in Liesing zieren, steht noch „Imam Hatip Lehrgang“. Der Grund sei, dass man sich ursprünglich unter diesem Namen beim Kultusamt anmeldete, erklärt der Obmann des verantwortlichen Fachvereins der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), Mesut Koca. Da „Imam Hatip“ nach den Entwicklungen der vergangenen Monate in der Öffentlichkeit aber hauptsächlich negative Assoziationen auslöse, wolle man sich umbenennen.
Wie berichtet, öffnete der Lehrgang am Montag nach mehrmonatiger Zwangspause erneut seine Pforten. Rund 80 Jugendliche bzw. junge Erwachsene mit Pflichtschulabschluss werden hier vier Jahre lang zu muslimischen Seelsorgern ausgebildet. Da im Gegensatz zu früher keine weltlichen Fächer auf dem Lehrplan stehen, sehen die Behörden keinen Verstoß mehr gegen das Privatschulgesetz. Die Vermittlung theologischer Inhalte ist laut Wiener Stadtschulrat nunmehr interne Angelegenheit der IGGÖ – die die Aufsicht hat und die Zeugnisse verteilt. Noch 2018 soll der erste Jahrgang seinen Abschluss machen.
Ein Teil der Absolventen wird dann in Moscheevereinen als Seelsorger tätig sein, ein anderer (nach individueller Vorbereitung auf die Externistenmatura bzw. die Studienberechtigungsprüfung) an der Uni Wien islamische Theologie weiterstudieren.
Wie etwa die 20-jährige Meliha Özcelik, der die religiöse Arbeit mit Kindern und Jugendlichen vorschwebt. Oder Klassenkollege Ahmet Erbakar (20), der nach Abschluss der islamischen Fachschule für soziale Bildung und professionellen Engagements im Nachwuchs der ersten türkischen Fußballliga sowie bei der Wiener Viktoria Imam werden möchte.
Markenname
Einflüsse aus der Türkei (wo die „Imam Hatip“-Gymnasien zur Ausbildung von Vorbetern großes Ansehen genießen) gebe es keine, versichert Koca. Man habe den Namen bloß gewählt, weil man ihn der türkischstämmigen Zielgruppe nicht erst erklären müsse. „Imam Hatip“ sei quasi als Marke zu verstehen, als „Inbegriff einer qualitativ hochwertigen religiösen Ausbildung“.
Zwar bediene man sich der in anderen Imam-Hatip-Schulen erprobten Ausbildungsmethodik und unterrichte zum Teil dieselben Inhalte. „Weil sich Koran-Interpretationen oder Lektionen über das Leben des Propheten nicht von Land zu Land unterscheiden.“ Anders als in Imam-Hatip-Schulen in der Türkei, in Bosnien oder im Kosovo stünden in Wien aber landesspezifische Fächer, wie „Islam in Österreich“, auf dem Lehrplan. "Schließlich sollen unsere Absolventen hier als Seelsorger tätig werden", so Koca. Unterrichtet werde auf Türkisch, Deutsch und Arabisch.
Zweifel an der Autonomie des Lehrgangs meldet Religionspädagoge Ednan Aslan von der Uni Wien an. „Nicht nur ideologisch, sondern auch inhaltlich“ werde „alles beim Alten bleiben“, mutmaßt er auf Twitter. Denn Milli Görüs werde ihre Bildungsstrategie nicht ändern.
Das will Koca so nicht stehen lassen. Ja, als Fachverein der Islamischen Föderation Wien (die der länderübergreifenden Bewegung nahesteht) pflege man einen Informationsaustausch mit anderen Einrichtungen. Eine inhaltliche Einflussnahme aus dem Ausland – etwa aus der Milli-Görüs-Zentrale in Deutschland – gebe es aber nicht. Der Lehrplan werde intern und in Abstimmung mit der IGGÖ erstellt. Auch die Finanzierung erfolge zu 100 Prozent aus eigener Kraft.
Kommentare