Lehrergewerkschaft beklagt Chaos zum Schulstart
"Wir haben einen Schulbeginn gehabt, der seinesgleichen sucht", sagt Thomas Krebs, Vorsitzender des Zentralausschusses der Wiener Pflichtschullehrer an den Pflichtschulen. Krebs meint seinen Satz nicht positiv - ganz im Gegenteil. "Wir haben kaum damit gerechnet, dass wir den Schulstart noch irgendwie schaffen. Es gibt derzeit so viele Baustellen gleichzeitig." Es sei nur der Ausdauer und der Hartnäckigkeit der Direktoren und Lehrer zu verdanken, dass nicht das totale Chaos ausgebrochen sei.
Verantwortlich für das Durcheinander seien Reformen, die nicht durchdacht und zum Teil schlecht umgesetzt worden seien. Das betreffe drei Bereiche: die Verwaltungsreform, die neue Ausbildung der Lehrer sowie das neue Dienstrecht. Verantwortlich hierfür seien die ehemaligen SP-Bildungsministerinnen Gabriele Heinisch-Hosek und Sonja Hammerschmid. Was Krebs vergisst zu sagen: Die Reformen wurden unter der Großen Koalition mit Einverständnis der ÖVP beschlossen.
Keine Zuständigkeiten
In den Vorjahren seien zu Schulbeginn besonders die Bezirksschulinspektionen im Dauereinsatz gewesen: "Wenn im August Eltern in den Schulen waren, weil sie einen Schulplatz benötigt haben, sind sie bisher zum Inspektor gegangen. Nur: Diese Einrichtung gibt es nicht mehr, und man weiß auch nicht, wohin man die Eltern schicken soll", erläutert Krebs. In der Wiener Bildungsdirektion heißt es dazu: „Es ist völlig klar, dass große Reformen wie die Verwaltungsreform nicht an einem Stichtag abgeschlossen sind, das ist eine längere Entwicklung.“
Für weiteren Unmut sorgt auch die überbordende Bürokratie. "Für die Verwaltung haben wir mit WISION ein Schulverwaltungsprogramm, das mehr schlecht als recht funktioniert." Krebs nennt ein Beispiel: "Weil das System nicht alles abdeckt, müssen Direktoren jetzt Zettel händisch einscannen, mit einem Code versehen und dann an die Bildungsdirektion mailen, von dort geht es dann an die Schule zurück.
Lehrermangel
Ein Problem sei auch der Personalmangel: "Besonders Volks- und Sonderschulpädagogen fehlen," beklagt Krebs. Das habe auch mit der neuen Lehrerausbildung zu tun. Volksschullehrer, die bisher drei Jahre auf der Pädagogischen Hochschule unterrichtet wurden, müssen jetzt vier Jahre bis zum Bachelor studieren – den Master sollen diese Junglehrer dann berufsbegleitend ab dem fünften Jahr machen. „Nur logisch, dass sie keine Klasse als Klassenvorstand übernehmen wollen und nur Teilzeit arbeiten können.“
Die Folge: Manche Klassen stehen ohne Lehrerin da, so dass die Direktorin eine ganze Klasse übernehmen muss. Bei der Wiener Bildungsdirektion relativiert man: „Es fehlen wienweit derzeit 35 Volksschulpädagogen, 15 Posten werden in dieser Woche besetzt, und die weiteren 20 hoffen wir, in der nächsten Woche besetzen zu können“, heißt es aus dem Büro von Bildungsdirektor Heinrich Himmer.
Weiteres Problem: "In der Induktionsphase, also im ersten Jahr nach dem Bachelor, müssen die Junglehrer von Mentoren betreut werden. Doch es gibt nicht genug Mentoren", stellt Krebs fest.
Nicht im Dienstrecht
Diese Mentoren fehlen aus einem anderen Grund an anderer Stelle: Eigentlich sollen sie die Studenten während des Studiums in den schulpraktischen Einheiten begleiten. "Doch weil das Dienstrecht diese Aufgabe für die neuen Mentoren nicht definiert hat, dürfen sie diese Arbeit zwar machen, werden allerdings nicht dafür bezahlt", beklagt der Gewerkschafter.
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