Gericht hebt Diebstahls-Urteil gegen Lebensmittelretter auf

Prozess gegen Lebensmittelretter in Wien
Wiener hatte Lebensmittel aus einer Tonne holen wollen. Das Bezirksgericht hatte ihn deshalb verurteilt.

Christian A. ist Lebensmittelretter. Wenn es dunkel wird, durchstreift er die Stadt, insbesondere die Mülltonnen der Lebensmittelhändler und sucht nach Lebensmitteln, die noch genießbar sind. Lange war das kein Problem. Doch im Mai des Vorjahres erstattete ein Passant Anzeige, weil er verdächtige Geräusche hörte. Die Polizei kam.

Im August wurde der Wiener im Bezirksgericht Leopoldstadt darum wegen Diebstahls verurteilt. Nicht, weil er sich gewaltsam Zutritt zu den Mülltonnen verschafft hatte, sondern weil der Müll in der Tonne laut Wiener Abfallwirtschaftsgesetz Eigentum der Stadt Wien ist.

Gegen A. wurde eine bedingte, vierwöchige Freiheitsstrafe verhängt. Diese bekämpfte der Mann. Am Donnerstag landet die Causa daher eine Instanz höher beim Landesgericht.

Christian A. kommt nicht allein. Er hat nicht nur Rechtsanwalt David Jodlbauer an seiner Seite, auch rund 50 Unterstützer begleiten ihn, halten Schilder hoch: "Dumpstern ist kein Verbrechen".

"Der Warenwert von 50 Euro ist total aus der Luft gegriffen", sagt A. "Die Lebensmittel in der Tonne sind so verschmutzt, dass man länger zum Putzen braucht als zum Heimführen." Zudem helfe er dem Supermarkt, die Müllmenge zu reduzieren. "Das erspart Entsorgungsgebühr."

Richterin: "Wir sind hier nicht im Theater!"

Als der Richtersenat nach der Beratung in den kleinen Verhandlungssaal zurückkehrt, sitzen A.s Unterstützer zum Großteil auf dem Boden. "Das geht doch nicht!", sagt die Richterin und schickt alle, die keinen "normalen" Sitzplatz ergattert haben, nach draußen. "Und die Tür wird geschlossen!", ermahnt sie.

Wenig später verkündet sie die Entscheidung: Das Urteil wird aufgehoben. Das Bezirksgericht hat sich nämlich gar nicht mit der Frage auseinandergesetzt, welchen Wert die Lebensmittel hatten. Applaus brandet im Saal auf. "Hören Sie auf zu klatschen! Wir sind hier nicht im Theater!" Und Christian A. gibt sie auf den Weg mit: "Damit ist nichts gewonnen. Die Sache muss erneut verhandelt werden."

Outbrain UK Ltd akzeptieren

Stimmen Sie einer Datenverarbeitung von Outbrain UK Ltd zu, um diesen Inhalt anzuzeigen.

Kommentare