Als Franz Brich Dienstagabend einen Anruf entgegennahm, waren die folgenden Minuten von Angst und Verunsicherung geprägt: Am anderen Ende der Leitung erklärte ihm ein Mann, dass sein Enkerl schwer an Corona erkrankt sei und im Spital um sein Leben kämpfen würde. „Ich habe natürlich gefragt, ob ich mit meinem Enkerl sprechen kann. Dann hat am Telefon auf einmal jemand laut zu schluchzen und zu weinen begonnen. Was, oder ob diese Person überhaupt was gesagt hat, habe ich nicht verstanden“, sagt Brich. Die einzige Rettung für das Enkerl sei ein Corona-Medikament aus Oxford, das 10.000 Euro kostet. Er solle dafür bezahlen. Dem Wiener kam die Sache komisch vor und er legte auf.
Dass Herr Brich ein schlechtes Opfer war, hat auch folgenden Grund: „Mein Enkerl hatte vor einiger Zeit Corona, daher ist es unwahrscheinlich, dass es wieder infiziert ist und noch dazu so schwer“, erzählt Brich. Seine Frau und er gingen nach dem Anruf sofort auf die nächste Polizeiinspektion und erstatteten Anzeige: „Mir ist es wichtig, darüber zu sprechen, weil ich andere warnen will.“
Pandemie wird genutzt
Tatsächlich ist Franz Brich einer von vielen, mit deren Angst vor Corona Betrüger ein böses Spiel treiben. Den KURIER erreichten mehrere Leserbriefe, in denen Betroffene von ähnlichen Erlebnissen erzählen. Hätten sie die geforderten hohen Summen bezahlt, wäre das Geld wohl unwiederbringlich weg gewesen. Telefonbetrüger sind Meister darin, Spuren zu verwischen, und sitzen oft im Ausland, weswegen sie trotz internationaler Polizeiarbeit schwer zu fassen sind.
Die Ermittler des Bundeskriminalamts (BK) haben die Kriminellen aber im Visier: „Die Täter versuchen die Pandemie und die damit entstandene Unsicherheit zu ihrem Vorteil zu nutzen. Diese Betrugsmaschen kursieren weltweit. Von Asien über Europa bis Nordamerika“, sagt Claus Kahn, Leiter des Büros Betrug, Fälschung und Wirtschaftskriminalität im BK. Er rät, im Zweifel sofort Kontakt zu angeblich kranken Angehörigen aufzunehmen, um herauszufinden, ob es sich wirklich um einen Notfall handelt.
Mehrere Maschen
Eine ähnliche Betrugsmasche kommt derzeit in Deutschland zum Einsatz. Auch hier steht am Anfang ein Anruf, die Opfer sind meist betagt. Sofern sie nicht geimpft sind, wird ihnen der Impfstoff eines namhaften Herstellers zum Kauf angeboten. Willigen sie ein, liefern die Betrüger eine Fälschung. Manchmal wird die Unachtsamkeit der gutgläubigen Senioren auch genützt, um Wertsachen zu stehlen.
Laut Polizei sind derartige Fälle in Österreich bisher nicht bekannt. Der Kreativität der Kriminellen sind aber keine Grenzen gesetzt , so berichtet die Apothekerkammer von Fake-Impfstoffen, die im Internet angeboten werden. Corona-Impfungen werden demnach „aktuell nur an offiziellen, von den Bundesländern vorgesehenen Stellen“ durchgeführt. Andernfalls handle es sich „ganz klar um Fälschungen“.
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