Kostenloser Haarschnitt für Kunden von Wiener Sozialmarkt

Hair Cutting
Im Meidlinger Salon „Neša“ wird der Chef an zwei Tagen im Jänner gratis für Bedürftige die Haare schneiden.

Ein Besuch beim Friseur bedeutet für viele Menschen mehr als ein neuer Schnitt. Ein kleiner Luxus, den sich viele aktuell nicht leisten (können) - dabei gelte oft: „Jetzt fühl ich mich wieder wie ein Mensch!“, wie der Meidlinger Gemeinderat Jörg Neumayer und Bezirksvorsteher-Stellvertreterin Barbara Marx (beide SPÖ) in der Vorweihnachtszeit feststellten. Da entstand die Idee, gratis Friseurbesuche anzubieten, erzählten sie im Rahmen eines Medientermins am Donnerstag in Wien.

Grätzl-Figaro „Neša“ in der Aichholzgasse habe sofort zugesagt, auch wenn seine Branche besonders von der Coronakrise gebeutelt wurde und er im Arbeiterbezirk aktuell merkt, dass viele Menschen am Haarschnitt sparen. „Wir müssen zusammenhalten!“, sagte er. Die Preise in seinem Salon mit zwei Spiegelplätzen beginnen bei 22 Euro. Zwei Tage stellt er sich fix in den Dienst der guten Sache, er ist aber offen für mehr. „Das erfüllt meine Seele! Alles ist teurer geworden, alles ist schwieriger geworden“.

Die zwei Politiker und der Friseur teilen sich die Kosten für die zwei Termine am 19. und 22. Jänner, der Samariterbund unterstützt organisatorisch. Termine können in Sozialmärkten vereinbart werden. Die Aktion wird gut angenommen, weitere Tage sind in Planung „Wir freuen uns über Nachahmer!“, ergänzte Neumayer. Seit den Teuerungen der vergangenen Monate drehen gerade hier im 12. Bezirk viele jeden Cent dreimal um, die Armut steige spürbar.

Ausweitung des Angebots möglich

Gemeinderätin Barbara Marx wohnt gegenüber von einem Sozialmarkt und sieht den steigenden Ansturm, wie sie schildert. Viele Menschen schämen sich, herzukommen - und sich den Friseurbesuch nicht mehr leisten zu können belastet zusätzlich. Eine der Kundinnen am Donnerstagmittag ist die rüstige Pensionistin Annemarie, die sich seit Jahren ehrenamtlich um ihre Mitmenschen kümmert und zum Beispiel für sie den Einkauf im Sozialmarkt übernimmt - eine „Sozialarbeiterin ohne Ausbildung“, die für den Zusammenhalt auch in harten Zeiten sorgt. Viele von ihren Nachbarn schämen sich für ihre Armut, die Seniorin fungiert als Multiplikatorin und hat gerne einen Termin bei „Neša“ in Anspruch genommen. „Nach einem Friseurbesuch fühle ich mich immer sehr wohl“.

Diesmal nahmen vor allem Bewohner des Grätzels bzw. eines Gemeindebaus das Angebot in Anspruch. Es wird geplaudert, getratscht und der Alltag ein wenig hinter sich gelassen. „Vielleicht ist es nur ein Tropfen auf den heißen Stein - aber es geht auch um einen kleinen Urlaub für die Seele“, so Marx.
Die Termin-Listen liegen in Sozialmärkten auf, das Angebot wird gut angenommen. Alle Beteiligten hoffen auf eine Ausweitung bzw. Verlängerung.

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