KH Nord: Teuer, aber nicht auf dem Stand anderer Spitäler

Das KH Nord an der Brünner Straße wird als "modernstes Spital Europas" gepriesen.
Baukosten liegen laut Investitionsbank im oberen Bereich, die Medizintechnik rangiere unterhalb jener anderer Häuser.

In Floridsdorf entstehe gerade das modernste Spital in ganz Europa: Das beteuert zumindest die Wiener Stadtregierung. Bloß: Was die Medizintechnik des Krankenhaus Nord betrifft, entspricht das laut der Europäischen Investitionsbank (EIB) nicht der Realität - trotz vergleichsweise hoher Kosten. Das geht aus der Beantwortung einer Anfrage der U-Kommission zur Causa KH Nord an die EIB hervor, die dem KURIER vorliegt.

Zur Erinnerung: Um das Krankenhaus Nord zu finanzieren, erhielt der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) im Jahr 2010 ein Darlehen von rund 300 Millionen Euro von der EIB. Das ist die Bank der EU, die unter anderem Geldmittel für Infrastrukturprojekte bereitstellt. 

Kritik der EIB

Von der Größe und Ausstattung sei das Krankenhaus Nord mit anderen großen und gut ausgestatteten Spitälern in Westeuropa vergleichbar, heißt es in dem Schreiben. Doch: „Hinsichtlich der medizintechnischen Ausstattung ist das Haus aber noch deutlich unterhalb der großen Maximalversorger und Universitätskliniken angesiedelt.“

Und das, obwohl der Bau vergleichsweise teuer gewesen sei. „Hinsichtlich der Kosten war das Krankenhaus Wien Nord stets am oberen Ende im Vergleich mit ähnlichen Projekten angesiedelt“, schreibt die EIB.

Medizinische Versorgung gefährdet

Zudem kritisiert die Investitionsbank mangelnde Information aus dem KAV. Im Laufe des Projekts sei die Kommunikation schwieriger geworden, ab 2016 sei sie „vollständig“ abgebrochen. Fortschrittsberichte habe der KAV in dieser Zeit nur nach Aufforderung übermittelt. Über die Steigerung der Kosten von 985 Millionen Euro auf bis zu 1,6 Milliarden habe der Spitalsträger die EIB überhaupt erst im Mai vergangenen Jahres informiert.

Diese Kostenexplosion könnte nun die medizinische Versorgung der Wiener gefährden, fürchtet die Investitionsbank. Man sei „besorgt“, dass die „erheblichen Kostenüberschreitungen und Verzögerungen“ beim Krankenhaus Nord „notwendige Investitionen in die Krankenhäuser der Stadt Wien künftig erschweren könnten.“ Sollten Investitionen nicht zeitnah erfolgen, „kann die Qualität der Versorgung leiden.“

ÖVP: "Völliges Chaos"

Die Wiener ÖVP fühlt sich dadurch in ihrer Kritik am Krankenhaus Nord bestätigt. „Die Antworten der Europäischen Investitionsbank zeigen erneut das völlige Chaos und Organisationsversagen des Krankenanstaltenverbund“, sagt Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec zum KURIER.

KH Nord: Teuer, aber nicht auf dem Stand anderer Spitäler

ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec.

„Eine intransparente Kommunikation, enorme Kosten bei gleichzeitiger unterdurchschnittlicher medizinischer Technik sind der Beweis einer unglaublichen Nachlässigkeit der Verantwortlichen.“

KAV: "Vorbildliche Strukturen"

Der KAV wehrt sich gegen die Vorwürfe. Die Qualität der Medizintechnik im Krankenhaus Nord entspreche dem neuesten Stand der Technik, beteuert der zuständige stellvertretende Generaldirektor Herwig Wetzlinger. „Nur die Quantität kann eine andere sein.“ Soll heißen: Das Krankenhaus Nord verwende ebenso moderne Geräte wie eine Uniklinik, besitze aber weniger davon.

„Modernstes Krankenhaus Europas“ sei außerdem nicht nur im Hinblick auf die Medizintechnik zu verstehen, betont Wetzlinger. „Es geht auch um Abläufe und die baulichen Strukturen, hier ist das Krankenhaus Nord vorbildlich ausgeführt.“

KH Nord: Teuer, aber nicht auf dem Stand anderer Spitäler

Herwig Wetzlinger, stv. KAV-Generaldirektor.

Das Spital sei außerdem nicht von Haus aus teuer gebaut worden, sagt Wetzlinger. Dass die Kosten nun im oberen Bereich rangieren, sei Überschreitungen der Bauzeitplanungen geschuldet.

Um die medizinische Versorgung müssten die Wiener nicht bangen, betont er. Denn man habe bereits die Lehre aus dem Krankenhaus Nord gezogen: Um große Bau- und Sanierungsmaßnahmen in den Gemeindespitälern wird sich künftig eine eigene Tochtergesellschaft des KAV kümmern.

Kommentare