Kaffeehäuser kämpfen mit hohen Mieten

Am Mittwoch, hat das Café Griensteidl am Michaelerplatz zum letzten Mail geöffnet.
Das Aus des Café Griensteidl ist nur die Spitze des Eisbergs / Zahl der Gaststätten geht stetig zurück.

"Ich finde das sehr traurig", sagt Helga Wohlrab. "Nur noch große Textilkonzerne können sich die Mieten leisten, alle anderen müssen kapitulieren." Seit 1995 kommt Wohlrab etwa alle 14 Tage ins Café Griensteidl, um ihre Freundin Waltraud zu treffen. Doch die Treffen müssen künftig woanders stattfinden. Heute, Mittwoch, hat das Griensteidl am Wiener Michaelerplatz, wie berichtet, zum letzten Mal geöffnet.

Das sorgt bei den Stammgästen für Entsetzen. "Das ist ein Frechheit, eine bodenlose", sagt ein älterer Herr, der mit seiner Frau gerade beim Frühstück sitzt. "Ich bin Stammgast, seit das Kaffeehaus 1990 wieder aufgesperrt hat."

Kaffeehäuser kämpfen mit hohen Mieten
Das Cafe Griensteidl am Michaelerplatz 2 in Wien am 26.06.2017.
Dass die neuen Betreiber das Kaffeehaus mit einem Kunstraum wieder zu einem "Ort für die Wiener" machen wollen, findet Stammkundin Lydia "befremdlich". Erstens, weil "sehr wohl" Wiener in das Kaffeehaus gingen und zweitens, weil der Michaelerplatz "halt nun Mal ein Ort ist, an dem Touristen absteigen". Dass die Touristen in Wien Geld ausgeben, könne doch niemanden stören.

Auch Stammgast Rudolf Just tut es leid um das Griensteidl, "Die hohen Mieten sind ein Problem in Wien", sagt er. Die könnten sich nur noch Textil-Riesen wie Zara und H&M leisten. "Es haben ja auch schon viele andere Kaffeehäuser in Wien zugesperrt", sagt Just.

Von einem Kaffeehaussterben will Wolfgang Binder, Obmann der Fachgruppe Kaffeehäuser der Wirtschaftskammer Wien, nicht sprechen. "Aber es zeichnet sich schon eine gewisse Tendenz ab, wenn selbst so große Cafés wie das Griensteidl schließen müssen."

Zuletzt habe es einige weitere prominente Lokale getroffen. So ging das (mittlerweile neuübernommene) Aumann in Konkurs, ebenso das Café Weimar. "Daneben trifft es auch viele kleinere Lokale." Insgesamt sei damit die Gesamtzahl der Cafés in Wien seit 2011 von 2580 auf 2213 gesunken.

Hohe Mieten

Hauptproblem sei laut Binder vor allem in der Innenstadt die exorbitanten Mieten. "Bei Neuverträgen müssen in der Wiener City mittlerweile schon 40 Euro pro Quadratmeter oder noch mehr bezahlt werden. Das ist schon ein ziemlicher Brocken." Damit würden die Mietkosten mitunter 20 bis 25 Prozent des Umsatzes ausmachen. "Früher lag der Anteil bei zehn bis zwölf Prozent. Ein Ende der Mietpreis-Entwicklung nach oben ist nicht absehbar." Somit sei es kein Wunder, dass selbst so finanzstarke Ketten wie Starbucks das Handtuch werfen würden. Der Kaffeesieder aus den USA hat im Vorjahr seine Filiale gleich gegenüber der Oper aufgegeben.

Während gegen die Mietpreis-Entwicklung am freien Markt wenig zu unternehmen sei, hätte die Politik durchaus Möglichkeiten, den Gastronomen, das Leben etwas leichter zu machen, ist Binder überzeugt. "Schwer zu schaffen macht ihnen etwa die Anhebung der Schanigarten-Gebühren. In der Innenstadt haben sie sich verdoppelt", schildert der Kammerfunktionär. "Wir sind in Gesprächen mit der Stadt Wien, damit die Gebühren evaluiert werden."

Helga und Waltraud nutzten ihr letztes Treffen im Griensteidl, um ein Ausweichquartier zu finden. "Vielleicht wird es die Aida in der Bognergasse."

Eigentümer des Café Griensteidl und verantwortlich für die Mieterhöhung, die laut DO&CO zur Schließung führte, ist – wie berichtet – die Schweighofer Gruppe. Für den Immobilienbereich dort zuständig ist Frank Aigner, der privat in Immobilien investiert. Unter anderem ist er Geschäftsführer der Gefra Immobilien GmbH. Diese ist Haupteigentümerin des Hauses Preßgasse 26 im vierten Bezirk, wo seit 1960 das Gasthaus Ubl beheimatet ist. Und auch dem droht nun eine Mieterhöhung.

Der Mietvertrag der Wirtin ist alt, sie zahlt 600 Euro für ein knapp 200 Quadratmeter großes Lokal. Die Eigentümergemeinschaft des Hauses, darunter Gefra, will jetzt aber für den 70 Quadratmeter großen Gastgarten (es gibt zwei getrennte Verträge) zusätzlich 1500 Euro Miete pro Monat. „Man will sie rausekeln, wie das auch beim Griensteidl der Fall war“, sagt Anwalt Eric Agstner. Er klagte und gewann in zweiter Instanz. Der Mietvertrag umfasse auch die Nutzung des Gastgartens, argumentierte das Gericht.

Die Eigentümer legten Revision ein, jetzt ist der Oberste Gerichtshof am Zug. Der Gastgarten musste in der Zwischenzeit geräumt werden. Die Eigentümer hatten während des laufenden Verfahrens Räumungsklage eingebracht. „Wir wollen ein Entgelt für unser Investment“, sagt Aigner. Dass man jetzt als „Trittbrettfahrer“ zum Griendsteidl gesehen werde, verwundere ihn.

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