Jüdische Community soll zur Polizei: Wie Rachel zur Cobra kommt

Jüdische Community soll zur Polizei: Wie Rachel zur Cobra kommt
Die Polizei bemüht sich im jüdischen Ausbildungszentrum um Bewerberinnen und Bewerber für den Polizeidienst.

Rachel zögert nicht. Sie ist die erste, die eine Frage stellt, sobald die Fragerunde eröffnet ist. Und sie will sich auch nicht mit Formalitäten aufhalten. „Wie kann man bei der Cobra einsteigen?“ ist das, was sie wissen will von dem Polizisten, der vorne steht und einen Vortrag hält.

Der Vortrag ist der erste Teil des Recruitingtages, den die Wiener Polizei gestern, Freitag, im jüdischen Ausbildungszentrum JBBZ in der Adalbert-Stifter-Straße in der Brigittenau abgehalten hat. 60 Jugendliche und junge Erwachsene nahmen teil.

Um Diversität ist die Wiener Polizei schon länger bemüht. Ähnliche Offensiven hat sie in der serbischen und tschetschenischen Community abgehalten. Um die jüdische Community bemüht sie sich nun zum ersten Mal so explizit. „Die Exekutive soll ein Spiegelbild der Gesellschaft sein“, sagt Johann Golob von der Landespolizeidirektion Wien. „Unsere eigene Sicherheit und Lebensqualität ist eng verbunden mit der Sicherheit und Lebensqualität unseres Nachbarn im Haus“. Die Polizei, sagt Golob, „soll mit gutem Beispiel vorangehen und so einen Beitrag für das gelungene Miteinander leisten.“ Und das, das hat sich aus den bisherigen Community-Aktionen herausgestellt, geht vor allem dann, wenn auch bei der Polizei Angehörige unterschiedlichen Communitys andocken.

➤ Wie die Aufnahmekriterien der Wiener Polizei aussehen.

Polizei zu Gast im jüdischen Berufsbildungszentrum

Mit der jüdischen Community in Wien – also vor allem mit der israelitischen Religionsgemeinschaft – stand die Polizei auch schon bisher in ständigem Austausch. Dabei ging es aber vor allem darum, jüdische Einrichtungen zu schützen. Die Synagoge, den Bildungscampus, das Ausbildungszentrum.

Vertrauensbildung

Der Recruiting Day ist die Weiterführung der Aktion „Gemeinsam sicher“, eine Sicherheitspartnerschaft, die Oskar Deutsch, der Präsident der israelitischen Religionsgemeinschaft und der Wiener Kultusgemeinde, und Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) im Juni des Vorjahres eingegangen sind. Eine zusätzliche, vertrauensbildende Maßnahme.

Zusätzlich deshalb, weil die Kultusgemeinde der Polizei natürlich grundsätzlich vertraut. „Die Polizei schützt uns“, sagt Dezoni Darawaschwili, Vorsitzender des Ausbildungszentrums. Dass Antisemitismus auch bei der Polizei immer wieder Thema ist – intern ebenso wie bei der Verfolgung von antisemitisch motivierten Straftaten – will er nicht kleinreden. „Durch die Intention, es zu verbessern, hat das andere keinen Anspruch mehr darauf, in den Vordergrund gerückt zu werden“, sagt Darawaschwili. Seit Mai 2021 läuft ein Sensibilisierungsprogramm bei der Polizei.

Referat 
Seit 2010 gibt es innerhalb der Wiener Polizei ein eigenes Referat für Diversität.

Pilotprojekt
Im zweiten und 20. Bezirk werden Repräsentanten ethnischer Gruppen proaktiv von der Polizei angesprochen, um sich zu vernetzen.

Grätzelpolizisten sind die Ansprechpersonen auf Bezirksebene. Sie suchen gezielt den Kontakt zu den Communitys.

Die Jugendlichen im Ausbildungszentrum dürfen an diesem Freitag Fragen stellen, Uniformen anprobieren und ein bisschen ihre Kräfte messen: Liegestütze machen, Medizinball halten. Die meisten sind österreichische Staatsbürger, viele haben Migrationshintergrund. Im JBBZ absolvieren sie das 9. Schuljahr oder Ausbildungen in Kooperation mit dem AMS.

Auch Rachel steckt mitten in einer Ausbildung zur Immobilienkauffrau. Aber die Polizei, die interessiere sie schon länger, sagt sie. Als junge Frau bei der Cobra einzusteigen, das ist wohl kein einfaches Unterfangen. Rachel ist das egal: „Ich bin mit sechs Brüdern aufgewachsen, ich hab’ die Kraft dazu.“

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