Islam-Kindergärten auf dem Prüfstand: Forscher sind bereit

Welche Werte werden islamischen Kindergärten gelebt? Das soll eine Studie klären.
Das Budget und der enge Zeitrahmen ermöglichen keine flächendeckende Erhebung. Kindergärten müssen nicht kooperieren.

Die seit Langem angekündigte „flächendeckende Studie“ zu islamischen Kindergärten in Wien nimmt langsam Gestalt an. Mit Betonung auf langsam – und wohl doch nicht ganz so flächendeckend.

Anfang des Jahres hatten Integrationsministerium und Stadt Wien den Beginn der Untersuchung noch für Februar und deren Ergebnisse für Mai 2017 angekündigt. Mittlerweile ist man mit zeitlichen Prognosen jedoch zurückhaltender. Die Studie werde heuer „im Laufe des Sommers“ starten und „bis Ende Herbst 2017“ dauern, heißt es nun.

Islam-Kindergärten auf dem Prüfstand: Forscher sind bereit
ABD0084_20151210 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA0417 VOM 10.12.2015 - (v.l.) Außenminister Sebastian Kurz, Islamwissenschafter Ednan Aslan, und SP-Stadträtinnen Sonja Wehsely (Jugend) und Sandra Frauenberger (Integration und Bildung) am Donnerstag, 10. Dezember 2015, anlässlich eines Treffens zu islamischen Kindergärten in Wien. - FOTO: APA/AUSSENMINISTERIUM/DRAGAN TATIC
Die Kosten von 98.000 Euro teilen Bund und Stadt zu gleichen Teilen untereinander auf. Mit diesen „begrenzten Mitteln und dem straffen Zeitbudget“ sei zwar „eine flächendeckende Erhebung nicht realistisch“, stellen die beauftragten Forscher klar. Man sei aber „zuversichtlich, mit einem ausgeklügelten Methoden-Mix dennoch Einblicke in die Praxis islamischer Kindergärten und -gruppen zu ermöglichen“. Wie viele Einrichtungen tatsächlich untersucht werden, sei noch Gegenstand von Verhandlungen.

Interdisziplinäres Team

Dass sich der Beginn der Studie verzögert hat, sei „vertraglich bedingt“ – „ein Vertragswerk zwischen Bund, Stadt und zwei Bildungsinstituten (im Konkreten der Universität Wien sowie dem FH-Campus Wien; Anm.) nimmt viel Zeit in Anspruch“, heißt es aus den Reihen des interdisziplinären Projektteams, dem Experten aus der Islam- und der Bildungswissenschaft sowie der Elementarpädagogik angehören.

Neben dem Religionspädagogen Ednan Aslan, der mit seinem „Vorbericht“ über geschätzte 150 islamische Kindergärten in Wien letztlich die nunmehrige Studie verursachte (siehe Kasten), gehören Nina Hover-Reisner, Maria Fürstaller, Elisabeth Raab-Steiner, Christian Andersen und Henning Schluss zur Forscherrunde.

Sie kündigen einen „Mix aus Fragebögen, Interviews mit Pädagogen, Eltern und Leitern sowie eigenen Beobachtungen“ an, der gemeinsam mit „allgemein verfügbaren Hintergrundinformationen, wie zum Beispiel Daten der Statistik Austria, ein sehr differenziertes Bild von Kindergärten und Kindergruppen in Wien ergeben“ werde. Man wolle sich „nicht nur auf Homepages oder über Trägervereine informieren, sondern die pädagogische Realität vor Ort anschauen“, erklärt einer der Bildungswissenschaftler. Das Forschungsdesign habe man Bund und Stadt bereits vorgelegt – es müsse nur noch abgesegnet werden.

Nur freiwillige Kooperation

Es wird also untersucht, welche Werte in der Praxis gelebt werden. Auch das Qualifikationsniveau des Personals, die verwendeten Sprache in den Kindergärten sowie die Erwartungshaltungen der Eltern sollen Gegenstand der Studie sein.

Da den Autoren jedoch wichtig ist, „nicht den Islam für alle möglichen Missstände oder auch positiven Besonderheiten verantwortlich zu machen, wird eine nicht-islamische Vergleichsgruppe in die Untersuchung einbezogen“, kündigt Aslan an.

Die Stadt Wien hat im Vorfeld angekündigt, alle erforderlichen Daten bereitzustellen, Zugang zu allen Kinderbetreuungseinrichtungen zu gewähren sowie Auszüge aus dem Vereinsregister vorzulegen. Wie behördliche Kontrollen dürfe man sich ihre Arbeit aber nicht vorstellen, betonen die Wissenschaftler. Man werde die einzelnen Kindergärten anschreiben und um ihre Mithilfe bitten, erklären sie.

Mit anderen Worten: Wenn man in den Kindergärten bzw. -gruppen nicht untersucht werden möchte, ist man auch nicht dazu verpflichtet.

Die Auftraggeber sind dennoch von der Effizienz der Erhebung überzeugt: „Wir nehmen das Thema sehr ernst, weshalb uns eine wissenschaftlich fundierte Studie mit baldigen Ergebnissen wichtig ist“, sagt SPÖ-Stadträtin Sonja Wehsely.

14 Seiten umfasste der Zwischenbericht, den Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) Anfang Dezember 2015 veröffentlichte. Seine „Evaluierung islamischer Kindergärten/ -gruppen in Wien“ bescherte dem Religionspädagogen Ednan Aslan von der Uni Wien zwar viel Aufmerksamkeit, aber auch viel Kritik. Die Aussagekraft seines Berichts wird nicht nur in akademischen Kreisen infrage gestellt.

War doch die Zahl der Befragten klein – nur vereinzelte Kindergärten hatten sich auf ein Gespräch mit Aslan eingelassen. Etwa zwei Dutzend weitere Einrichtungen wurden mithilfe des Vereinsregisters sowie anhand von Textpassagen auf Homepages oder Flyern „analysiert“.

Nichtsdestotrotz löste das Bild, das Aslan von geschätzten 150 islamischen Kindergärten in Wien zeichnete eine heftige politische Debatte aus. Der Verdacht, in manchen Einrichtungen werde eine muslimische Parallelgesellschaft herangezüchtet, steht im Raum. Bund und Wien einigten sich auf eine flächendeckende Untersuchung, die Stadt verschärfte die Kontrollen.

Ende Februar präsentierte das Ministerium Aslans 177 Seiten umfassenden Endbericht. Zum Zweck der Evaluierung hatte das Institut für Islamische Studien bei 15 Trägervereinen angefragt – nur acht erklärten sich jedoch zur Mitarbeit bereit.

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