Im Blindflug auf Polizisten zugerast: Einweisung

Im Blindflug auf Polizisten zugerast: Einweisung
Der Mann gab sich vor Gericht reumütig. Dass er an einer psychischen Krankheit leide, wollte er allerdings nicht hören.

Nur durch einen Satz auf die Seite konnten sich vergangenen Sommer zwei Polizisten in der Gumpendorfer Straße in Wien-Mariahilf vor einem herannahenden Pritschenwagen retten. Der Lenker, der 27-jährige Maximilian W., hatte diesen zuvor einem Bauarbeiter gestohlen und sich im Anschluss mit der Polizei eine Verfolgung quer durch Wien geliefert.

Wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und versuchten Mordes musste sich der junge Mann am Donnerstag im Wiener Landesgericht verantworten.

Die Staatsanwältin hielt gleich zu Beginn fest, dass es sich bei M. um einen Betroffenen und keinen Angeklagten handle. Der ehemalige Jus-Student war einem psychiatrischen Gutachten zufolge zum Tatzeitpunkt nicht zurechnungsfähig. Die Staatsanwaltschaft forderte deshalb die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Im Mittelpunkt der Verhandlung stand neben der psychischen Erkrankung des 27-Jährigen die Frage, ob er in Tötungsabsicht gehandelt hatte. Der Betroffene verneinte diese Frage vehement, er wollte lediglich etwas "Kriminelles" tun, die Zeit im Gefängnis habe ihm aber gezeigt, dass er damit nichts mehr zu tun haben wolle. "Ich habe dort den Weg zu Gott gefunden", erklärte er. Auch seien die Polizeibeamten nicht wirklich gefährdet gewesen, da diese auf der anderen Fahrbahnseite gestanden hätten.

Polizisten nur knapp verfehlt

An diesem Punkt wichen die Aussagen der Zeugen stark von der Darstellung des jungen Mannes ab. "Ich habe in 15 Jahren Polizei viel erlebt, aber das war wirklich knapp", beschrieb jener Beamte, auf den der Flüchtige direkt zugefahren sein soll. Seine Kollegen schilderten die Situation ähnlich: Nachdem der Lenker nicht langsamer wurde, zogen zwei Einsatzkräfte nämlich ihre Dienstwaffen und richteten sie auf den Fahrer. Dieser duckte sich daraufhin und war im Blindflug unterwegs. "Er konnte gar nicht sehen, wo er hinfährt", schildert eine Beamtin die Sekunden, als er mit weit überhöhter Geschwindigket am Haus des Meeres vorbeiraste. 

Die Polizisten gaben letztlich keine Schüsse ab, um Passanten und die nachfolgenden Streifenwagen nicht zu gefährden. Dabei grenzt es eigentlich bereits ein Wunder, dass davor nichts passiert war. Denn der Mann hatte den Pritschenwagen vor der Marokkanerkaserne in Wien-Landstraße gestohlen. Ein Bauarbeiter hatten den Schlüssel stecken lassen, um einen Fahrbahnschaden zu inspizieren. 

Ein zufällig vorbeikommender Beamter schlug sofort Alarm. Bereits in der Operngasse hatte sich ein Funkstreifenwagen mit Blaulicht an die Fersen des 27-Jährigen geheftet. Dieser blieb aber nicht stehen, sondern versuchte das Einsatzfahrzeug mehrfach von der Fahrbahn zu drängen, als dieses zum Überholen ansetzte.

Auch das Auto eines Pensionisten touchierte er, wobei ein erheblicher Schaden entstand. Auf der Gumpendorfer Straße fuhr der Raser schließlich auf die Polizisten los. Die Verfolgung fand erst in Wien-Penzing ihr Ende, als der Mann nach einer Fülle von Verwaltungsübertretungen - Ignorieren von Tempolimits, Einbahn-, Abbiege- und Vorrangregeln und roten Ampeln - auf der Baumgartner Brücke gegen einen Betonpfeiler krachte und nicht mehr weiter konnte.

Paranoid-psychotische Schizophrenie

Dort stieg er schließlich aus dem beschädigten Auto aus und ließ sich widerstandslos festnehmen. Bei einer kurz danach durchgeführten Befragung durch den psychiatrischen Sachverständigen Peter Hofmann wurde eine paranoid-psychotischen Schizophrenie festgestellt.

Da der Betroffene, der 2019 einen Erwachsenenvertreter zur Seite gestellt bekommen hatte, sich - trotz guter Behandlungsmöglichkeiten - uneinsichtig zeigte und eine medikamentöse Therapie ablehnte, blieb der Psychiater auch am Donnerstag dabei, dass eine Unterbringung im Maßnahmenvollzug derzeit die einzige Möglichkeit sei. Zu groß wäre sonst die Gefahr einer vergleichbaren Tat mit wesentlich weniger glimpflichem Ausgang.

Die Geschworenen kamen nach längerer Beratung zu dem selben Schluss. Zwar waren sie der Meinung, dass das Zufahren auf die Polizei nicht in Tötungsabsicht erfolgte - sie gingen von einer versuchten schweren Körperverletzung aus. Dem Unterbringungsantrag wurde allerdings einstimmig stattgegeben. Verteidiger Sebastian Lesigang erbat Bedenkzeit, die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

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