Homosexuelle in Wien: Die Hürden im Alltag
Farbenfroh, kreativ und lebenslustig: Beim 24. Life Ball, der heute, Samstag, im Wiener Rathaus stattfindet, wird auf die Gefahren von HIV hingewiesen, aber es werden auch wieder Weltoffenheit und Toleranz gefeiert. Doch wie tolerant ist die Gesellschaft Homosexuellen gegenüber im Alltag – und wo erleben sie Diskriminierungen? Der KURIER sprach mit Menschen in verschiedenen Lebenssituationen über ihre Erfahrungen.
"Ja, es gibt noch Diskriminierung – aber es wird besser", sagt Markus Rumelhart, Bezirksvorsteher von Wien-Mariahilf.
Hilfe von den Gay Cops
Wie schwierig dies etwa bei der Polizei sein kann, weiß Josef Hosp, Mitbegründer des Vereins Gay Cops Austria. "Ich wäre an meinem Outing 1991 fast zerbrochen. Ein Kollege wollte nicht einmal mehr das Zimmer mit mir teilen", schildert er. Mittlerweile hätten sich die Bedingungen für Homosexuelle bei der Polizei aber enorm verbessert – nicht zuletzt dank des Engagements des Vereins. "Immer wieder wenden sich Polizeischüler an uns und fragen, ob sie sich outen sollen." Sein Rat? "Den richtigen Zeitpunkt muss jeder selbst bestimmen. Aber für mich war es richtig, mich zu outen und zu mir selbst zu stehen."
Auch gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern müssen im Alltag noch allerlei Hürden meistern.
"Und wir bieten einen Raum, in dem man das eigene Familienmodell nicht ständig erklären muss", sagt Schlachter. Denn spätestens wenn man Kinder habe, müsse man die Lebensverhältnisse offenlegen, ergänzt Mayer: "Natürlich erzählen die Kinder ihren Freunden, dass sie zwei Mamas oder Papas haben. Außerdem ist man als Familie permanent mit verschiedenen Institutionen in Kontakt – das beginnt bei rechtlichen Fragen, wer das Kind vom Kindergarten abholen darf."
"Entsolidarisierung"
Worin sich jedoch alle einige sind: Der Ton in der Gesellschaft werde rauer. "Es gibt einen Rechtsruck und eine Entsolidarisierung in der Gesellschaft. Und Minderheiten merken das als erste, die werden als erste ins Eck’ gedrängt", sagt etwa Rumelhart. Auch Christian Högl, Obmann der Homosexuellen Initiative HOSI, berichtet von Beobachtungen, die ihn besorgen: "An Schulen etwa gilt ,schwul’ mittlerweile nur noch als Schimpfwort. Es ist absolut negativ konnotiert."
Doch was könnte man tun, um die Situation zu verbessern? Högl wünscht sich mehr Information, etwa in Form einer Kampagne. "Wichtig ist Wissensvermittlung: dass man Menschen bewusst macht, welches Verhalten andere diskriminiert. Und dass man Diskriminierten zeigt, wie sie sich wehren können." Auch Schlachter setzt auf Information: "Ganz wichtig ist, schon im Kindesalter anzusetzen und zu erklären, dass es ganz normal ist, dass es Kinder gibt, die zwei Mamas oder zwei Papas haben." Viel wäre erreicht, wenn Homosexualität kein Thema mehr wäre, sagt Rumelhart. "Wenn es einfach in der Normalität verschwindet."
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