Häftling betrieb aus Gefängnis Handel mit Kinderpornos

Bei seiner Verurteilung hieß Timon S. noch Jürgen B. Er wurde zu 15 Jahren plus Einweisung verurteilt
Ein verurteilter Sexualtäter und Mörder soll von der Justizanstalt Mittersteig aus Geschäfte im Darknet betrieben haben.

Timon S. wurde - weil er einen 12-jährigen Buben getötet hatte - zu einer langen Haftstrafe plus Einweisung in eine Anstalt verurteilt. Bis zuletzt war er im Maßnahmenvollzug in der Justizanstalt Mittersteig in Wien untergebracht. Dort wurde er therapiert. Doch was lange niemand wusste: Von dort aus soll er auch einen schwunghaften Handel mit Kinderpornografie betrieben haben. Timon S., ein „Computergenie“, so nennt ihn ein Anwalt, schaffte es, aus dem Gefängnis heraus einen Kinderpornoring im Darknet zu führen. Als er aufflog, erhängte er sich in seiner Zelle.

Timon S. hieß nicht immer so. Er hat seinen Namen geändert. Als er im Jahr 2002 in Wien den 12-jährigen Thomas K. vergewaltigte, erstach und schließlich in einer Mülltonne entsorgte (seine Leiche wurde nie gefunden, Anm.), war er gerade einmal 19 Jahre alt und hieß Jürgen B. 15 Jahre Haft plus Einweisung, lautete damals das Urteil.

Zuvor war er selbst Missbrauchsopfer, als er erst zehn Jahre alt war. Danach wurde er von einem Heim ins nächste gereicht. Eine Sozialarbeiterin missbrauchte ihn erneut. Sie schlief mit ihm im selben Bett.

Computer als Vergünstigung

Zuletzt war Timon S. in der Justizanstalt Mittersteig untergebracht. Der junge Mann, der seit jeher eine Affinität zu Technik und Computerspielen hatte, hatte auch hier Zugang zu einem PC. Hinter Gittern sind Computer und Spielekonsolen nicht automatisch verboten. Sie können über den Gefängnis-Shop bestellt werden. Doch nicht jeder bekommt sie. Sie sind „Vergünstigungen“, die gestrichen werden, sobald sich der Insasse nicht korrekt verhält. Internet gibt es natürlich keines. Zumindest nicht offiziell.

In Mittersteig selbst war das Treiben von Timon S. nicht aufgefallen. Ermittler in Deutschland stießen auf das kinderpornografische Material im Darknet und verfolgten es zu einer IP-Adresse – damit kann die „Adresse“ eines Computers zurückverfolgt werden. Und der Computer stand nicht in irgendeiner Wohnung, er stand in einer Justizanstalt.

Als der Verdacht im Mai bekannt wurde, sei es zu einer „Riesen-Kontrolle“ in der Justizanstalt gekommen, wird berichtet. Mehrere PCs wurden abgenommen. Die Ermittlungen führt in Österreich das Bundeskriminalamt.

Umfangreiche Ermittlungen

Mehrere Personen, nicht nur Insassen, sollen als Beschuldigte geführt werden. Auch ehemalige Insassen, verlegte Häftlinge und andere Personen werden jetzt durchleuchtet. Es muss geklärt werden, wie der Handel ablief. Wie es möglich war, dass Timon S. Daten austauschen konnte. Denn das kinderpornografische Material wurde nicht nur innerhalb der Gefängnismauern gegen Geld weitergegeben – über das Darknet war die ganze Welt ein möglicher Abnehmer. Mehrere Verdächtige sind bereits wegen einschlägiger Delikte in Haft (gewesen).

Häftling betrieb aus Gefängnis Handel mit Kinderpornos

Ermittelt wird auch in einer anderen Justizanstalt. Nämlich in Garsten, Oberösterreich. Dorthin wurde nämlich ein Insasse aus Mittersteig vor Monaten verlegt. Und genau dort tauchte plötzlich in der Gefängnisküche ein verdächtiger Datenstick auf; versteckt im Kochbuch „Die gute Küche“.

Prominenter Beteiligter?

Ins Visier der Ermittler geriet auch ein „prominenter“ Insasse. Martin L. – bekannt als „Liebhaber der Eislady“ Estibaliz C. - arbeitete in der Küche und teilte sich ausgerechnet mit dem verlegten Mithäftling die Zelle. Er beteuert via Anwältin seine Unschuld, er habe mit Kinderpornografie nie etwas zu tun gehabt.

Die Justizbehörden halten sich in dem Fall mit Informationen komplett zurück. Nach mehrfachen KURIER-Anfragen gesteht man überhaupt zu, dass derartige Ermittlungen im Gang sind. „Zwei bis drei Beschuldigte“ sollen derartiges Material vertrieben haben. Nähere Informationen könne man aufgrund der laufenden Ermittlungen aber nicht erteilen.

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