Geisterfahrer muss ins Gefängnis
Der 28-Jährige ist gezeichnet. Er wird, halb liegend, auf einem Rollstuhl in den Gerichtssaal in Korneuburg geführt. Er wird nie wieder richtig gehen können. Oder wie sein Anwalt sagt: „Parties, Autos und Mädchen – diese Themen sind für meinen Mandanten gestorben.“ Doch der junge Wiener ist nicht Opfer. Er ist Täter.
Am 27. November setzte er sich in Wien in ein Auto seines Vaters – ohne Führerschein. Drei Tage hatte er zu dem Zeitpunkt schon nichts geschlafen. Er hatte die Droge Speed geschnupft. Dann fuhr er los. Und gegen 7.30 Uhr früh fuhr er schließlich als Geisterfahrer bei der Raststation Hochleithen in falscher Richtung auf die Nordautobahn auf. Und rammte frontal den Wagen von Thomas S., einem jungen Weinviertler Polizisten, der gerade vom Dienst nach Hause fuhr.
„Vor mir ist ein polnischer Pkw gefahren. Er hat plötzlich sein Auto verrissen – dann habe ich gesehen, dass ein Auto auf mich zufährt“, schildert Thomas S.
Auto ging in Flammen auf
Dass sich die beiden Männer im Gerichtssaal treffen, ist alles andere als selbstverständlich. Beide hatten massivste Verletzungen erlitten, ein Auto war in Flammen aufgegangen. „Auf den Fotos sieht man ein Schlachtfeld“, sagt Richter Manfred Hohenecker. Als er die Brüche und inneren Verletzungen von Thomas S. aufzählt, gehen bei dessen Vater die Nerven durch: „Es ist ein Wunder, dass er noch da sitzt“, schreit er. „Ich bin seither im Krankenstand, vor einer Woche hatte ich wieder eine Operation. Es ist unklar, ob bei mir Dauerfolgen bleiben“, sagt Thomas S.
„Entschuldigung, dass ich Sie so verletzt habe. Das tut mir wirklich leid“, sagt der Geisterfahrer. Er selbst lag mehr als fünf Monate auf der Intensivstation. Er hatte unter anderem massive Verbrennungen erlitten. Zehn Operationen hat er hinter sich, ein Monat lag er im Koma.
„Die Entschuldigung kommt ein bissel spät“, ist der Vater des Unfallopfers erbost.
Warum sich der junge Mann ins Auto gesetzt hatte, kann er vor Gericht nicht erklären. Er weiß auch nicht, wohin er eigentlich wollte.
Die Staatsanwaltschaft hat ihn wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und fahrlässiger Körperverletzung angezeigt. Strafrahmen: Zwei Jahre. „Das hätte auch eine andere Anklage sein können“, stellt der Richter fest.
Urteil: 18 Monate Haft; nicht rechtskräftig. Nachsatz des Richters: „Ich hätte Ihnen die Höchststrafe gegeben, wenn Sie nicht selbst dermaßen beinander wären.“ Ob der Angeklagte die Strafe überhaupt verbüßen kann? „In dem Zustand sicher nicht“, stellt Hohenecker fest. „Aber vergessen werden wir darauf nicht.“
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