Warum die Wiener Grünen auf Gesundheitsminister Anschober setzen

Warum die Wiener Grünen auf Gesundheitsminister Anschober setzen
Obwohl Anschober bei der Wien-Wahl im Herbst nicht kandidiert, lächelt er neben Spitzenkandidatin Hebein von den Wahlplakaten.

Die Wiener Grünen haben sich für ihre erste Plakatwelle Unterstützung aus der Bundesregierung geholt: Auf einem der drei Sujets ist Gesundheitsminister Rudolf Anschober neben Vizebürgermeisterin und Spitzenkandidatin Birgit Hebein zu sehen. "Wer schafft gesundes Klima, wenn nicht Wien?", lautet der dazugehörige Slogan.

Der Oberösterreicher Anschober wird bei der Wien-Wahl am 11. Oktober freilich gar nicht auf dem Stimmzettel zu finden sein - warum dann auf den Plakaten?

Bei der Plakatpräsentation am Mittwoch sagte Hebein, Anschober sei Teil der Kampagne, um aufzuzeigen, dass sich der in der Pandemie gezeigte Zusammenhalt der Bevölkerung auch in der Politik spiegeln müsse: "Die Corona- und die Klimakrise können wir nur gemeinsam schaffen. Das kann weder Wien noch der Bund alleine." Die Grünen seien die einzige Partei, die sowohl für die Corona- als auch für die Klimakrise Lösungen aufzeigen würden.
 

Die Grünen präsentieren ihre Plakate für die Wienwahl

Anschober selbst betonte, dass das Land in den vergangenen Monaten "durch Zusammenhalt und ein Miteinander" gut durch die Pandemie gekommen sei. Nun gebe es Hoffnung, dass es in ein paar Monaten bereits einen Impfstoff geben könnte: "Gegen die ganz große Klimakrise gibt es aber keine Impfung. Da gibt es nur Handeln und Engagement." Es gehe um ein gesundes Klima im doppelten Sinn, verwies der Minister neben dem Kampf gegen den Klimawandel auf den sozialen Aspekt des Themas.

Höhenflug

Dass Anschober laut Umfragen das beliebteste Regierungsmitglied der Grünen ist, dürfte bei der Entscheidung freilich auch eine Rolle gespielt haben. Im Juli war der Gesundheitsminister im APA/OGM-Vertrauensindex mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gleichgezogen - geschlagen nur von Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

Folglich sei es "ganz normal", dass die Grünen versuchen würden, die positive Stimmung zu nützen, sagt der Politologe und Meinungsforscher Peter Hajek. Es sei ein verständlicher Zug und absolut nichts Neues, sich für einen Landtagswahlkampf Verstärkung öffentlichkeitswirksamer Parteikollegen zu holen. Die FPÖ habe das zum Beispiel sowohl mit Jörg Haider als auch mit Heinz-Christian Strache "bis zum Exzess gespielt".

Imagetransfer

Der 59-jährige Anschober bringt aber noch einen weiteren Vorteil, sagt Hajek. Zwar sei Hebein in ihrer Zielgruppe bestens positioniert, der Gesundheitsminister verfüge aber über einen "bürgerlicheren Habitus" als die frühere Sozialarbeiterin und könne dadurch helfen, eventuell schwankende, grundsätzlich aber Grün-affine Wähler zu überzeugen. Gleichzeitig sei Anschober keiner, der den Charakter der Spitzenkandidatin Hebein konterkariert, betont Hajek.

Warum die Wiener Grünen auf Gesundheitsminister Anschober setzen

Die ersten Plakate der Grünen

Vor seiner Berufung in die Bundesregierung war Anschober 17 Jahre lang Umweltlandesrat in einer schwarz-grünen Regierung in Oberösterreich. Im Jahr 2018 startete er zudem die Initiative "Ausbildung statt Abschiebung", mit dem Ziel, die Abschiebung von Asylwerbern in Lehre zu verhindern.

Verbinder

Dafür gelang es ihm, gewichtige Persönlichkeiten auch aus dem konservativen Lager auf seine Seite zu ziehen, darunter den früheren ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, den langjährigen Generalanwalt des Raiffeisenverbandes und späteren Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung Faymann II, Christian Konrad, oder den Präsidenten der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch.

Wenn die Wiener Grünen Anschober neben Hebein plakatieren, geht es also um einen "Imagetransfer"; um den Versuch, Anschobers verbindendes Wesen, die ihm zugeschriebene Kompetenz in der Krisenbewältigung sowie das ihm entgegengebrachte Vertrauen auf Hebein und die Wiener Grünen zu übertragen.

Baustein

Gleichzeitig sei das Plakat nur ein "Mosaiksteinchen in der Gesamtkampagne", gibt Hajek zu bedenken. Niemand bei den Grünen würde sich erwarten, wegen des Gesundheitsministers "drei Prozent mehr zu holen".

Die Wiener Grünen betonen zudem, alle ihre Bundesregierungsmitglieder würden im Wien-Wahlkampf unterstützend eingreifen. Justizministerin Alma Zadić schaute etwa bereits vergangenen Freitag bei der Eröffnung des Grünen Pop-up-Wahlkampf-Stores in der Lerchenfelder Straße vorbei.

Von Plakaten lächeln soll freilich nur Anschober. Neben Hebein, versteht sich.

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