Razzia in Wien: Illegale Bordelle geschlossen
„Hallo, hättest du heute um 15 Uhr Zeit für mich? Nein? Um 15.30 Uhr geht es auch bei mir. Mit alles, mit Liebe?! Ja, das hört sich gut an für mich“, sagt Inspektor L. ins Telefon. Zuvor war sein Blick noch über das vielversprechende Inserat geschweift: „Ich warte auf dich in schönem Ambiente“, verspricht dort eine auf dem Bild jung wirkende Chinesin namens Lilli. Die Adresse ist in Wien-Leopoldstadt, nahe des Vorgartenmarkts.
Es ist offenbar gar nicht so einfach, einen Termin bei einer Prostituierten zu bekommen. Es war der siebente Versuch, bei anderen Inseraten aus Zeitungen und dem Internet waren die Mobilboxen der Damen eingeschaltet oder kein Termin erhältlich. „Das ist ein Millionengeschäft“, erklärt Wolfgang Langer vom Prostitutionsreferat der Wiener Polizei. Rund 200 bis 300 illegale Bordelle gibt es in der Stadt, schätzt er. Die Preise variieren zwischen 40 und 200 Euro als Grundpreis, ohne Kondom kostet es meist etwas mehr. Je hübscher die Frau, umso höher der Preis, heißt es. „1000 Euro Gewinn am Tag sind durchaus als normal anzusehen“, sagt Langer.
Inzwischen bereitet sich das Eingreifteam im Prostitutionsreferat in Wien-Ottakring auf den 19. Einsatz des Schwerpunktes vor. Insgesamt neun Polizisten werden vor Ort sein. Für die Großrazzia wurden extra Fahrzeuge, anonyme Wertkarten-Handys und Computer organisiert – niemand soll vorgewarnt werden. Inspektor L. wird den Part des Lockvogels übernehmen. Ist er in der Wohnung, verständigt er seine Kollegen via Funk. Dann wird aus Sicherheitsgründen gestürmt.
„Für uns war das auch ein Lernprozess“, erklärt Langer. Am Anfang waren die Beamten bewaffnet, doch die Damen tasteten schon bei der Begrüßung die Hüften ab. Deshalb muss Inspektor L. unbewaffnet in die Wohnung – eine heikle Mission.
Herzerln per SMS
Während der Fahrt in die Leopoldstadt bekommt der verdeckte Ermittler SMS-Nachrichten mit Herzerln von der Chinesin. L. wird in die Schönngasse gelotst. Die Damen schauen meist aus dem Fenster, ob der Kunde alleine ist. Erst dann wird die genaue Adresse genannt. Im siebenten Stockwerk lässt sie L. schließlich herein.
„Zugriff“, ruft ein Beamter wenige Minuten später auf der Straße. Zu fünft geht es im engen Lift in das siebente Stockwerk, die Kollegen von der Fremdpolizei kommen sportlich zu Fuß. „Aufmachen, Polizei“, ruft ein Ermittler und klopft. Die Dame öffnet und hat so wenig mit dem Bild am Inserat gemeinsam. Eine 50-jährige Chinesen sagt freundlich: „Bitte, kommen Sie alle herein. Nicht, dass die Nachbarn etwas mitbekommen.“
Tatsächlich kommen viele Prostituierte aus der Region Liaoning nach Österreich. Ab 30 Jahren können sie dort nicht mehr arbeiten. Da sie keine Falten bekämen, erkennen Europäer das wahre Alter nicht, heißt es in einschlägigen Foren. In Österreich bieten sie ihre Dienste dann bis ins Pensionsalter an.
Die Chinesin trägt einen typisch österreichischen Nachnamen. „Sie ist verheiratet mit einem Österreicher“, erklärt ein Beamter. Eine sehr gängige Methode: Chinesinnen kommen mit Touristen- oder Studentenvisa, „verlieben“ sich rasch und heiraten. Rund 5000 Euro kostet so etwas aktuell, wissen Insider zu berichten.
Strafen sind gering
Inzwischen bricht die Chinesin in Tränen aus. Sie habe nicht gewusst, dass das strafbar sei. Obwohl sie zuvor ein Studio besessen hat, will sie nichts von den Gesetzen wissen. Als sie die Strafe erfährt, versiegen die Tränen. 1100 Euro für drei Vergehen. Das ist mit ein bis zwei Tagen Arbeit verdient.
25 derartige illegale Puffs wurden in der dreitägigen Großaktion in der Bundeshauptstadt kontrolliert und 18 geschlossen – also etwa jedes elfte. Dabei stießen die Beamten auf einen neuen Trick. Prostituierte aus Osteuropa mieten sich neuerdings via Airbnb in Wohnungen ein und bieten dort ihre Dienste an. Das kann für den Vermieter problematisch werden: Auch auf diesen warten Strafen von rund 500 Euro, wenn in seinem Domizil illegal solche Dienste angeboten werden.
„Uns geht es nicht darum, Prostitution zu verbieten, diese ist legal“, erklärt Langer. Sie beschränkt sich auf den in Wien an zwei Orten erlaubten Straßenstrich und auf 370 legale Rotlicht-Lokale (inklusive Laufhäuser).
Frauen, die illegal anbieten, müssen nicht zur Gesundheitsuntersuchung. Erst kürzlich stellte sich bei einem männlichen Prostituierten heraus, dass er HIV positiv ist. Der Südamerikaner, der Männern und Frauen seine Dienste anbot, wird sich demnächst vor Gericht verantworten müssen. Allerdings ist unklar, wie viele Personen er angesteckt hat.
Wohnungen, Hotelzimmer und Straßenstrich als Hotspots
Der städtische Erhebungsdienst und die Polizei haben in Linz seit Inkrafttreten des oö. Sexualdienstleistungsgesetzes im September 2012 in Summe 120 illegale
Bordelle – zumeist in Wohnungen und Hotelzimmern – ausgehoben und geschlossen, heißt es aus dem Büro von Stadtrat Detlef Wimmer (FPÖ).
In Salzburg hält vor allem der Straßenstrich auf der Vogelweiderstraße die Behörden auf Trab. 2017 wurden laut der dafür zuständigen Stadt 475 Strafverfahren nach dem Aids-Gesetz geführt. Während der Straßenstrich seit dem Höhepunkt im Herbst 2015 zunehmend zurückgedrängt worden sei, registriere man seit Anfang 2018 häufiger Fälle illegaler Wohnungsprostitution.
Wie aus einer Anfragebeantwortung des steirischen LH Hermann Schützenhöfer (ÖVP) hervorgeht, gebe es in Graz bei der Straßenprostitution „seit ca. fünf Jahren keine Probleme mehr“. Fälle von Wohnungsprostitution würden „vereinzelt vorkommen“. Ähnliches berichtet die Kärntner Polizei über Klagenfurt.
Ein Sonderfall ist Vorarlberg. Dort gibt es nach wie vor kein bewilligtes Bordell, wie der Verwaltungsgerichtshof erst im Februar bestätigte. Das Landeskriminalamt registriert illegale Prostitution in Miet- und Ferienwohnungen sowie in Hotels dennoch nur vereinzelt. Straßenprostitution sei „nicht feststellbar“.
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