SPÖ-Wien: Häupls Kronprinzen auf Kuschelkurs

Michael Ludwig und Andreas Schieder.
Michael Ludwig und Andreas Schieder rittern um das Amt des Bürgermeisters. Doch statt harten Wortduellen wurde beim ersten Hearing vor allem die Einigkeit betont. Nicht ohne Hintergedanken.

Das Duell um die Nachfolge von Michael Häupl geht in die heiße Phase. Dienstagabend stellten sich die beiden Kandidaten, Klubobmann Andreas Schieder und Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, im Odeon Theater in der Leopoldstadt dem ersten von zwei parteiinternen Hearings. Geladen waren die knapp 1000 Delegierten, die beim Parteitag am 27. Jänner den neuen Parteichef wählen werden. Knapp 280 fanden auch den Weg in das Theater in der Leopoldstadt.
Es war eine Veranstaltung, die vor allem eines signalisieren sollte: Einigkeit in der Partei. Egal aus welchem Lager, alle Delegierten betonten die Harmonie der Veranstaltung und den respektvollen Umgang der beiden Kandidaten miteinander.
Vorab konnten Fragen eingereicht werden, die dann am Podium diskutiert wurden, insgesamt 80 langten ein. Grob ging es dabei um drei Schwerpunkte: Die Zukunft der Partei, die Zukunft der Stadt und der Kampf gegen die neue Bundesregierung. Andreas Schieder betonte seine bundespolitische Erfahrung, Michael Ludwig hob dagegen seine kommunalpolitische Erfahrung hervor. Sonst ließen sich inhaltlich kaum Unterschiede zwischen den Kandidaten ausmachen

Das überrascht den Politologen Peter Filzmaier nicht. „Nach der Bildung der türkis-blauen Bundesregierung war es logisch, dass der gemeinsame Außenfeind nach innen eint und sich die Botschaften der beiden Kandidaten angleichen“, sagt der Experte.
Für Politberater Thomas Hofer mache es aber vor allem für Ludwig durchaus Sinn, die Unterschiede zu seinem Konkurrenten zu verwischen. Zur Erinnerung: Von seinen Gegnern wurde Ludwig vorgeworfen, keine Berührungsängste zu den Freiheitlichen zu haben. Zuletzt betonte er daher mehrfach, dass für ihn eine rot-blaue Koalition nicht infrage komme.
Eine Lanze für Ludwig brach der ehemalige Nationalratsabgeordnete Josef Cap: „Menschlich ist er ein Gegenentwurf zur Unmenschlichkeit der aktuelle Bundesregierung.“ Auch dass Ludwig aus kleinen Verhältnissen stamme und sich Schritt für Schritt hochgearbeitet habe, wurde von seinen Unterstützern mehrfach betont, darunter auch Barbara Novak, Bezirksparteichefin in Döbling.
Für Andreas Schieder sprachen sich unter anderem Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky und der Ex-Bundesgeschäftsführer der SPÖ Georg Niedermühlbichler aus, der in der Diskussion einen weit lebendigeren Schieder sah: „Er hat mehr Schmäh und das braucht man in Wien.“
Schieder und Ludwig selbst gaben sich amikal, posierten bereitwillig für gemeinsame Fotos und betonten, dass die Partei auch nach der Wahl an einem gemeinsamen Strang ziehen werde. Auf die Nachfrage, wer die Wahl gewinne, rechneten sich beide nach wie vor gute Chancen aus.
Nach zwei Jahren „Chaos-Kommunikation“ zur Frage der Häupl-Nachfolge mache ein moderater parteiinterner Wahlkampf durchaus Sinn, analysiert Politologe Filzmaier. „Ansonsten wäre selbst der Sieger schwer beschädigt worden. Er würde auf einer Ruine sitzen, wie es Häupl formuliert hat.“
Für die Delegierten werde laut Experten Hofer letztlich entscheidend sein, „wem der beiden eher zugetraut wird, das Bollwerk Wien gegen Türkis-Blau zu verteidigen.“ Ob das Schieder oder Ludwig sei, lasse sich aber seröserweise derzeit nicht beantworten.

Weiterer Fahrplan

Am kommenden Samstag geht ein zweites Hearing mit den Delegierten über die Bühne, hier soll es aber weit weniger Anmeldungen geben. Kommende Woche sind noch Chats mit Schieder und Ludwig geplant, bei denen sich einfache Parteimitglieder, aber auch die interessierte Öffentlichkeit beteiligen können. Am Nachmittag des 27. Jänner wird dann feststehen, wer Häupl nach 24 Jahren im Chefsessel als Parteivorsitzenden ablösen wird. Vermutlich Ende Mai übernimmt dann der neue Parteichef auch den Wiener Bürgermeisterposten.

Über seine Stärken: "Ich habe eine verantwortungsvolle Tätigkeit in der Wiener Stadtregierung. Diese Verantwortung nehme ich sehr ernst. Ich denke, ich habe das in den letzten zehn Jahren auch unter Beweis gestellt. Ich komme aus einfachen Verhältnissen, bin in einer kleinen Gemeindewohnung aufgewachsen. Das hat mich geprägt. Ich stehe dafür, Brücken zu bauen. Wir müssen die Sorgen und die Unzufriedenheit der Menschen erkennen, und nicht uns in der Blase gegenseitig den Kurs bestätigen."

Über seine ersten Vorhaben als möglicher nächster Wiener Bürgermeister: "Wir müssen eine Stadt der Zukunft entwerfen, da geht es um das Stadtbild, das gute Leben, um Kultur und Kreativität, um Standortqualität und Nachhaltigkeit – das alles bündelt sich im Wohnbau. Wir werden erstmals die Internationale Bauausstellung ausrichten. Da wird die Welt nach Wien kommen, um in die Zukunft der Stadt zu schauen."

Über seinen Kontrahenten Andreas Schieder: "Ehrgeizig, flexibel, selbstbewusst."

Über den typischen Wiener: "Fleißig, gemütlich und manchmal raunzerd."

Lieblingszitat von Michael Häupl: "Wissenschaft fordert primär den Verstand heraus - Kunst das Gefühl. Beide sind Schwestern im Geiste."

Lieblingsautoren: "Friederike Mayröcker, Franz Schuh, Dietmar Grieser, Hugo Portisch."

Hobbys: "Literatur, Kunst und Kultur, Laufen."

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Über seine Stärken: "Durch meine Erfahrung in der Bundespolitik und meine Wiener Wurzeln bringe ich das notwendige Gesamtpaket als Wiener Parteivorsitzender und Bürgermeister mit. Und ich kann unser Wien gegen Schwarz-Blau verteidigen und ihnen eine Politik des Optimismus und der sozialen Gerechtigkeit entgegnen. Außerdem stehe ich dafür, dass die SPÖ eine geeinte Partei ist, in der Demokratie gelebt wird und die Freude an der politischen Gestaltung groß ist. Was mir auch wichtig ist: Ich will den innerparteilichen Diskurs beleben und werde frischen Wind bringen. Ich kenne die Partei gut und kann ihr zu einer neuen Stärke verhelfen. Ich werde die Delegierten überzeugen, weil ich für Modernisierung und politische Erneuerung stehe und das Rote Wien der Zukunft gestalten will."

Über seine ersten Vorhaben als möglicher nächster Wiener Bürgermeister: "Als erste schnell umsetzbare Maßnahme: WLAN in Öffis."

Über seinen Kontrahenten Michael Ludwig: "Nett, solide, kommunalpolitisch versiert."

Über den typischen Wiener: "Grantig-herzlich mit einem guten Schmäh."

Lieblingszitat von Michael Häupl: "Da gibt es einige, als eines der aktuellsten: ,Mei Wien is ned deppert‘."

Lieblingsautoren: "Als Kind Christine Nöstlinger, jetzt viele Krimiautoren und als Lyriker Erich Fried."

Hobbys: "Wandern, Mountainbiken, Skifahren, Kochen."

SPÖ-Wien: Häupls Kronprinzen auf Kuschelkurs
ABD0116_20171108 - WIEN - ÖSTERREICH: Der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder am Mittwoch, 08. November 2017, im Rahmen einer Pressekonferenz nach der konstituierenden Klubvollversammlung des SPÖ-Parlamentsklubs in Wien. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH

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