Am Kohlmarkt ist das Team in rund einem Meter Tiefe nun auf Mauerabschnitte sowie auf ein Fundament aus der Spätantike oder der römischen Kaiserzeit gestoßen.
„Die Überreste gehörten zur römerzeitlichen Lagervorstadt und stammen vermutlich aus dem dritten Jahrhundert. Bestimme Hohlziegel geben uns zum ersten Mal auch Hinweise auf eine Fußbodenheizung“, erklärt Archäologe und Grabungsleiter Michael Raab im KURIER-Gespräch.
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Einst kreuzte die Limesstraße – eine in der Antike wichtige Verbindungsstraße – den heutigen Michaelerplatz. Möglich sei daher, so der Experte, dass die Mauerreste zu einer Taverne oder einem Geschäft gehörten. Geplant ist, dass die Bauarbeiten demnächst in Richtung Michaelerplatz wandern. Dort erhofft sich Raab, bald weitere Hinweise auf römische Gebäude zu finden.
20 Skelette freigelegt
Eine andere Entdeckung wurde direkt vor der Michaelerkirche gemacht. „Es ist etwas Besonderes, dass wir so weit vordringen konnten. Es wurden erstmals mittelalterliche Gräber des Friedhofs Sankt Michael freigelegt.
Gefunden wurden in den Gräbern 20 Individuen in Originalposition und eine Vielzahl menschlicher Knochen“, beschreibt Raab. Errichtet wurde der Friedhof in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts und Mitte des 16. Jahrhunderts unter Maximilian I. wieder geschlossen.
Gräber kreuz und quer
Erwartet werden im Zuge der Bauarbeiten noch weitere Funde. Die Untersuchung der Knochen wird bei dem privaten Dienstleister Novetus durchgeführt, wo man von ersten Erkenntnissen berichtet: „Die Überreste stammen von Männern, Frauen und Kindern, die sehr jung verstorben sind“, sagt Anthropologin Michaela Binder.
Da es aus dem Mittelalter nicht viele Aufzeichnungen gebe, seien die Funde besonders interessant. „Die Knochen spiegeln die Lebensbedingungen und hohe Sterblichkeit der Bevölkerung wieder.“ Aussagen über Herkunft, Krankheiten oder Ernährung könne man noch nicht treffen.
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Schmuck zu finden, sei unwahrscheinlich, da Grabbeigaben im Mittelalter nicht üblich waren. „Es gab auch keine Grabsteine. Man darf sich das nicht wie heute vorstellen, es gab keine Grabsteine oder Kennzeichnungen. Bestattungen fanden kreuz und quer statt“, beschreibt Binder.
Was gefunden wird, wandern für Interessierte später ins Wien Museum.
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