Frischer Wind für die Hansson-Siedlung

Hoffen auf Mitarbeit: Historiker Manfred Schenekl (li.) und Projektleiterin Reppé (re.) mit Anrainer Hirhager
Mit dem Ausbau der U1 soll auch die Siedlung zu einem modernen Stadtteil werden.

Einst war sie eine der modernsten Siedlungen Wiens, heute ist die Per-Albin-Hansson-Siedlung ein sozialer Brennpunkt am Rande der Stadt. Graue, schmucklose Wohnbauten, dazwischen schmale Wege und matschige Wiesen. Der Wind pfeift an diesem grauen Dezembervormittag durch die Gassen und Durchgänge – kaum einen, den es lang auf der Straße hält. Im Zuge der U1-Verlängerung wird die Hansson-Siedlung ab 2017 direkt an die Innenstadt angeschlossen. Sie könnte so 70 Jahre nach der Entstehung wieder neu erwachen.

Frischer Wind für die Hansson-Siedlung
In drei Phasen entstand von 1947 bis 1976 im Süden Favoritens ein ganzer neuer Stadtteil. 13.000 Menschen leben heute hier, fast so viele wie in Eisenstadt. Robert Hierhager hat mehr als sein halbes Leben hier verbracht. "Als ich eingezogen bin, war hier Wüste. Es gab keine Infrastruktur, keine Möglichkeiten einzukaufen", erzählt der rüstige Pensionist. Hinter den Häusern begannen die Felder. Vorwiegend junge Familien zogen damals aus den gürtelnahen Zimmer-Küche-Wohnungen mit WC am Gang an den Stadtrand. "Für die war es eine große Verbesserung", sagt Susanne Reppé von der Internationalen Bauausstellung (IBA) Wien. Die IBA ist ein mehrjähriges Projekt der Stadt, das die Entwicklung von Stadtgebieten nach sozialen Gesichtspunkten prozesshaft begleitet.

Die Zufriedenheit der ersten Bewohner war hoch. Im Schnitt waren die Wohnungen damals um 20 Quadratmeter größer als die Wohnungen in der Innenstadt, jede Wohnung hatte einen Balkon. Und: "Damals gab es Parkplätze, heute ist es schwierig", sagt Hirhager.

Bewohnerwechsel

Mittlerweile sind die Erstbewohner alt geworden, die Kinder längst in die Innenstadt gezogen. Lange Zeit herrschte Ruhe. Wie in vielen Gemeindebauten gab in den vergangenen Jahren einen Bewohnerwechsel. Junge Familien mit Migrationshintergrund zogen ein. Dass nun wieder Kinderlärm auf den eilig revitalisierten Spielplätzen zu hören ist, gefällt nicht jedem. Für Jugendliche gibt es wenig Angebot, sie müssen sich ihre Freiräume suchen.

Frischer Wind für die Hansson-Siedlung
Per Albin Hansson Siedlung, Wien am 01.12.2016
Viele Alteingesessene fühlen sich bereits als Minderheit. "Die Zuzügler besetzen alle Freiräume in der Siedlung", sagt etwa Frau Sabine. "Grad’, dass sie hier nicht grillen." Seit 15 Jahren lebt sie in der Siedlung, es sei mit jedem Jahr schlechter geworden. Auch andere Bewohner, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, reden von Konflikten mit den Jungen. "Die Jugend hat hier wenig Möglichkeiten", sagt auch Hierhager.

Neustart

Während in den vergangen Jahrzehnten vor allem die Innenstadt im Zuge der sanften Stadterneuerungen attraktiviert wurde und neue, hippe Grätzel entstanden sind, gerieten die Nachkriegssiedlungen am Stadtrand in den Hintergrund.

Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SP) rückt nun die Stadtrandsiedlung wieder in den Fokus. Mehrere Gebiete sollen erneuert werden, größtes Projekt ist die Hansson-Siedlung. "Der wesentliche Punkt ist, die Leute mit einzubeziehen. Denn sie kennen die Siedlung am besten", sagt Reppé. Dafür soll 2017 ein lokales Stadtteilbüro errichtet werden, um einen umfassenden Beteiligungsprozess zu starten.

Frischer Wind für die Hansson-Siedlung
Per Albin Hansson Siedlung, Wien am 01.12.2016
Gemeinsam mit den Bewohnern sollen der öffentliche Raum verbessert, Nachbarschaftsräume geschaffen und die lokale Infrastruktur gestärkt werden. Neue Rad- und Fußwege sollen das Durchqueren erleichtern. Das Einkaufszentrum soll ebenfalls modernisiert werden. Das alles soll das Zusammenleben verbessern.

Man muss aber nicht alles neu erfinden. Im großen Saal der Volkshochschule, die direkt im Gemeindebau liegt, üben Schüler mit ihren Instrumenten, immer wieder finden hier Konzerte statt. Auch das Volkstheater führt dort Stücke auf. "Ich kann mit dem Lift ins Theater fahren, sagt Hirhager. "Wer kann das sonst von sich behaupten?"

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