Fremdenführer: Wien profitiert von Kreuzfahrtschiffen

Überführung der "Spectrum of the Seas"
Kreuzfahrtgäste seien sehr oft lukrative Gäste, so die Branchenvertreterin der Wiener Fremdenführer.

"Weg mit den großen Schiffen vor Venedig. " Das fordert Italiens Verkehrsminister Danilo Toninello. Im Juni erst kollidierte die MSC Opera im Hafen von Venedig mit einem Ausflugsboot. Wenig später verfehlte die "Costa Deliziosa" eine Yacht und weitere Boote im Stadtteil Castello nur knapp. Die italienische Regierung will als Folge die Zahl der Kreuzfahrtschiffe eindämmen - ab September soll es soweit sein.

In Mallorca haben bereits mehr als 11.000 Menschen eine Petition gegen die Riesenschiffe unterzeichnet. Maximal ein Schiff mit etwa 4.000 Personen soll demnach künftig anlegen dürfen. Derzeit strömen etwa 15.000 Personen von bis zu acht Schiffen täglich auf die Insel. Zu viel für die Einwohner. Zudem mussten die Mallorquiner vor wenigen Wochen ein Kreuzfahrtschiff dabei beobachten, wie es mit Sonnencreme verunreinigtes Poolwasser einfach ins Meer abließ.

An der Westküste Norwegens wird das idyllische Dörfchen Alt-Stavanger mit seinen bis zu 300 Jahre alten Holzhäusern regelrecht überlaufen. "Die Kreuzfahrtschiffe zerstören unsere Idylle", jammern die Bewohner. 

Negativ-Schlagzeilen über Kreuzfahrtschiffe finden sich zuhauf. Besucher, die mit dem Kreuzfahrtschiff kommen, blieben nur wenige Stunden, würden in die Innenstadt strömen um im Eiltempo die Sightseeing Hotspots der Stadt abzuklappern und kaum Geld ausgeben, so die Vorwürfe. Die Wertschöpfung sei mangels Nächtigungen und wegen oft nur geringer Konsumausgaben bescheiden, heißt es.

Für die Fremdenführerin und Chefin der Fachgruppe Freizeit- und Sportbetriebe in der Wiener Wirtschaftskammer, Gerti Schmidt, sieht die Realität ganz anders aus. Wien profitiere stark von diesem wachsendem Segment, sagt sie.

Rund 350.000 Menschen kommen alljährlich auf dem Wasserweg in die Bundeshauptstadt, Tendenz steigend. Denn Kreuzfahrten boomen auch auf der Donau.

Kreuzfahrtgäste seien oft sehr wohl lukrative Gäste, beteuerte Schmidt im APA-Gespräch. Zu sagen, das bringe der Stadt nichts, sei falsch: "Das sind ja keine Heuschrecken, die einfallen."

Die Aufenthaltszeiten werden länger

Sie wolle derart negative Bilder entkräften. Das ist laut Schmidt nicht zuletzt deswegen möglich, weil die Besucher immer mehr Zeit zur Verfügung haben: "Die Aufenthaltszeiten werden länger." Dieser Trend führe dazu, dass Schiffe bis zu zwei Tage in Wien liegen. Die Gäste würden viel Gelegenheit haben, Geld auszugeben - was sie auch täten. Wie Schmidt berichtete, wird immer öfter auch darauf verzichtet, das Mittagessen auf dem Schiff einzunehmen. Viele Reisende würden sich nach Restaurants bzw. Cafés erkundigen.

Nicht wenige Kreuzfahrtgäste würden auch in Wien übernachten, berichtete Schmidt. Das sei etwa der Fall, wenn eine Cruise in der Bundeshauptstadt beginne - und einige Tage vorher bereits angereist werde. Ähnlich sei auch die Situation bei Kreuzfahrten, die in Wien endeten. Auch hier würden oft einige Tage in der Stadt angehängt.

Und nicht zuletzt gebe es immer wieder Menschen, die nach einer Kurzvisite in Wien beschließen würden, für einen längeren Aufenthalt wiederzukommen. Hier sei eine gelungene Stadtführung natürlich von Bedeutung, gab sie zu bedenken. Eine derartiges "Teaser"-Erlebnis könne zu einem neuerlichen Besuch bewegen.

Schmidt verwies zudem auf die Landegebühren und die Bedeutung des Geschäfts für Busunternehmen. Und auch die Reedereien "shoppen" offenbar gerne in Wien. Hier werde etwa oft Wasser gebunkert, da dessen Qualität sehr gut sei. Auch bei Wäschereien, beim Großgrünmarkt oder bei Bäckereien werde eingekauft, berichtete die Kammervertreterin.

"Natürlich kann man immer etwas verbessern", sagte Schmidt. Tatsächlich seien "Staus" in den wichtigsten innerstädtischen Straßenzügen vorprogrammiert, wenn alle zur gleichen Zeit in die gleiche Richtung wollten. Sie plädierte für einen Runden Tisch mit Reisebüros, Reiseveranstaltern, dem Wien-Tourismus und der Politik, um hier etwa eine bessere Verteilung zur ermöglichen.

Kommentare