Der Kreuzzug gegen die Kreuzfahrer

Bis zu vier Kreuzfahrtschiffe legen jeden Tag in Palma di Mallorca an
Ökogewissen gegen Massenansturm. Proteste gegen Kreuzfahrtschiffe auf Mallorca, in Venedig und Dubrovnik.

In Palma de Mallorca fordert eine Bürgerinitiative, der sich mehr als 20 Umweltschutzorganisationen und der Architektenverband ARCA angeschlossen haben, dass nur noch ein Kreuzfahrtschiff pro Tag anlegen darf. Jetzt sind es oft vier. Eine neue App„Welcome Palma“ soll den ankommenden Urlauber abschrecken und in Echtzeit sagen, in welchen Ecken der Stadt es aktuell zu voll ist.

Auch in Venedig demonstrierten wieder Tausende gegen das Elend des Überranntwerdens in Zeiten von Airbnb und Kreuzfahrtboom. Die Idee, die Monsterschiffe in die Industriegegend Marghera zu verbannen, war bereits 2017 gewälzt worden. Doch nach Angaben des italienischen Verkehrsministers Danilo Toninelli sei sie gar nicht durchführbar. Als Alternativen gelten jetzt Anlegestellen in Chioggia und am Lido, doch die Umweltbelastung bleibt.

In Dubrovnik will man den Touristenansturm koordinieren und die Anlege- und Abfahrtszeiten der großen Schiffe besser lenken.

1,4 Milliarden Reisende

Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass heuer weltweit erstmals mehr als 30 Millionen Touristen auf Kreuzfahrtschiffen einchecken, schätzt der Branchenverband Clia. Knapp 400 fahrende Paläste gondeln über die Meere und steuern doch immer wieder dieselben Destinationen in der Karibik, in Fernost, in Australien, Südamerika oder eben im Mittelmeer an. Alternative Routen werden jetzt beworben.

Aber der Tourismus wächst weiter. Weltweit waren im Vorjahr 1,4 Milliarden Menschen auf Reisen. Das hängt auch mit der stark wachsenden reiselustigen Mittelschicht aus China zusammen.

In Venedig stellen die Gäste auf Kreuzfahrtschiffen sechs Prozent der Besucher, in Barcelona acht Prozent. Das griechische Santorin oder die norwegischen Fjorde leiden vergleichsweise noch stärker unter dem Massenansturm.

Doch die Kreuzfahrtbranche wird umsteuern müssen. Die Klimabewegung bezeichnet den Urlaub auf einem Hotelschiff als die „dreckigste Art zu reisen“.

Denn der wichtigste Treibstoff in der Schifffahrt ist das preiswerte und überall verfügbare Schweröl. Damit schippern übrigens weltweit rund 50.000 Frachtschiffe über die Weltmeere. Da machen die 400 Kreuzfahrtschiffe nur einen Anteil von 0,8 Prozent aus.

Ab dem 1. Jänner 2020 verlangt eine neue UN-Regulierung, dass in der Schifffahrt nur noch Treibstoff mit einem maximalen Schwefelgehalt von 0,5 Prozent (jetzt bis 3,5 Prozent) verwendet werden darf. Dabei stellt sich immer die Frage, ob alle Behörden weltweit nach denselben Standards vorgehen.

Als Alternative kommt der doppelt so teure Marine-Diesel (0,1 Prozent Schwefelgehalt) oder LNG (liquefied natural gas, Flüssigerdgas) in Frage, das aber wiederum durch das umstrittene Fracking gewonnen wird.

An wirklich sauberen Lösungen wie Hybrid-Antrieb, Methanol, Biogas, Brennstoffzellen, Wind- und Sonnenenergie wird geforscht.

E-Fähren und Landstrom

In Skandinavien sind bereits einige Elektrofähren unterwegs, allerdings nur auf begrenzten Strecken. Die Technologie ist noch nicht so weit, ein Kreuzfahrtschiff von der Dimension einer schwimmenden Kleinstadt mit E-Mobilität zu versorgen. Immerhin wird jetzt für die Versorgung der Schiffe im Hafen Landstrom gefordert, doch erst wenige Häfen können diesen aktuell zur Verfügung stellen.

Reedereien müssen das Ökogewissen ihrer Passagiere berücksichtigen und werben bereits mit dem ersten sauberen Schiff mit LNG-Antrieb.

Gleichzeitig werden wohl auch bald einige Traumdestinationen durch Zugangsbeschränkungen, Eintrittsgelder oder Totalverbote dem Massentourismus entzogen: Der Film „The Beach“ mit Leonardo DiCaprio hat die thailändische Maya Bay weltberühmt gemacht. Sie ist für weitere zwei Jahre gesperrt, damit sich die Natur erholen kann.

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