Freigänger: Keine Gitter, "das ist leiwand"

Die Freigänger arbeiten für die Polizei in Wien. Ausmalen und Putzen gehören zu den Hauptaufgaben.
Insassen im gelockerten Vollzug malen Wachzimmer aus oder putzen für die Polizei.

"14 Monate hab’ ich noch", sagt Adrian M. Er steht auf der Leiter und malt die Ecken eines Lagers in der Polizeiinspektion Donaufelderstraße in Wien aus. Das Ausmalen hat er in der Justizanstalt Simmering gelernt. "Ich habe auch einen Lehrabschluss als Maler und Beschichtungstechniker. So bin ich nicht nur gesessen, ich habe aus der Haft etwas gemacht", erklärt der 27-Jährige.

Ein Raubüberfall und Einbrüche brachten ihm die 38 Monate Gefängnis ein. Nach acht Jahren auf der Flucht im Ausland habe er sich gestellt, wie er sagt. Seit zwei Monaten ist er im gelockerten Vollzug der Justizanstalt. "Es gibt keine Gitter mehr, das ist leiwand", sagt Adrian M.

Die Arbeit als Maler mache er gern, "einiges habe ich vom Bau schon gewusst, dort war ich Installateurhelfer". Im Vollzug ist er auch Selbstversorger, muss einkaufen und kochen. 42,50 Euro bekomme er pro Woche, "etwa 45 Euro verdiene ich durch die Arbeit".

Projekt

Das Projekt, Häftlinge für Putz- und Malerarbeiten auf Polizeiinspektionen einzusetzen, wurde 2015 ins Leben gerufen. Mittlerweile ist es ein unbefristetes Verwaltungsübereinkommen zwischen Justiz- und Innenministerium. "Die Polizei sucht immer wieder an, und wir stellen Häftlinge zur Verfügung", sagt Klaudia Osztovics von der Justizanstalt Simmering. Infrage kommen nur Insassen im gelockerten Vollzug. Hier könne auf die Bewachung verzichtet werden.

Das Innenministerium bezahlt pro Arbeitsstunde 4,85 Euro an die Justiz. "Die Insassen werden mit 1,647 Euro in der Stunde entlohnt, der Vollzugskostenbeitrag und die Arbeitslosenversicherung sind da schon abgezogen", sagt Osztovics. Für die Landespolizeidirektion Wien ist es eine Ersparnis, und man ist zufrieden mit der Arbeit der Insassen, heißt es von einer Sprecherin.

Kaum Probleme

15 bis 20 Häftlinge hätten seit Beginn des Projekts für das Innenministerium gearbeitet. "Probleme hat es kaum gegeben", sagt die Justizbeamtin. Bis auf einen Heiratsschwindler. Der Häftling gab sich gegenüber mehreren Internetbekanntschaften als Polizist aus, er stahl sogar eine Uniform. Zugang zu sensiblen Bereichen hatte er nicht. "Jeder weiß, mit wem er es zu tun hat, wir arbeiten tagtäglich mit dieser Klientel. Das weiß die Polizei auch und verhält sich dementsprechend, bei den Waffen und bei sensiblen Daten", erklärt Osztovics. Trotzdem würden die Polizisten M. nicht als Gefangenen, sondern als "Mitmenschen" behandeln, wie er sagt: "Sie sind nett zu mir, es gibt auch immer wieder einen Kaffee."

Für die Häftlinge soll es ein Herantasten an ein normales Leben in Freiheit sein. "Rausgehen und arbeiten bedeutet schon etwas für die Insassen", sagt Osztovics. Es sei auch ein Vertrauensvorschuss, der meist erst gegen Ende der Haft möglich ist.

Adrian M. ist zufrieden, er kann jeden Tag in der Mittagspause seine Tochter sehen. An drei Wochenenden kann er zu Hause schlafen. Bis er wieder frei ist, wird er noch einige Wachzimmer ausmalen. "Ich will nur ein normales Leben mit meiner Familie führen", sagt Adrian M., steigt wieder auf die Leiter und malt die nächste Ecke des Wachzimmers aus.

Die Justizanstalt Wien-Simmering bietet Insassen ein Fort- und Ausbildungsangebot.Das Gefängnis ist auf den gelockerten Vollzug spezialisiert. Der Anstalt stehen 17 Arbeits- und Werkstättenbetriebe zur Verfügung, in sieben Lehrbetrieben können Insassen eine Facharbeiterausbildung machen. Bäcker, Maler und Beschichtungstechniker, Tischler Maurer, Bauspengler und Metallbearbeitungstechniker werde angeboten.

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