Es geht um Untreue, schweren Betrug, betrügerische Krida, Geldwäsche, illegalen Vermögensabfluss, Verstöße nach dem Kartellrecht und Steuerhinterziehung. Vermuteter Schaden: ein zweistelliger Millionenbetrag.
In der Causa um 600 geförderte Wiener Sozialwohnungen der einst gemeinnützigen „Die Eigentum Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft m.b.H“ in Vösendorf (NÖ) ist – aus strafrechtlicher Sicht – eine Bombe geplatzt.
Der Verdacht steht im Raum, dass es unter anderem beim Verkauf von Immobilien zu fingierten Liegenschaftsbewertungen und illegalen Preisabsprachen gekommen ist. Wie René Ruprecht von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSTA) bestätigt, hat es deshalb am Montag zahlreiche Hausdurchsuchungen und auch eine Festnahme in dem Zusammenhang gegeben.
Handschellen
KURIER-Infos zufolge klickten bei einem der Geschäftsführer von „Die Eigentum“ an seiner Adresse im südlichen NÖ die Handschellen. Gegen ihn wurde am Donnerstag die U-Haft verhängt. Wegen Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr, sagt die Sprecherin des Straflandesgericht Wien, Christina Salzborn. Insgesamt wird laut Ruprecht gegen vier Personen und sieben Verbände ermittelt.
Die WKSTA hat am Montag in der Causa eine Razzia durchgeführt und mit Wirtschaftsermittlern des nö. Landeskriminalamtes an neun verschiedenen Orten Hausdurchsuchungen abgehalten. „Zusammen mit jeder Menge Unterlagen wurden Handys, Computer, Datenträger und Vermögenswerte in beträchtlicher Höhe sichergestellt“, erklärt ein Insider.
Der Fall erinnert an ähnliche Vorfälle in den vergangenen Jahren, etwa in Wien-Ottakring, bei dem Investoren sich bei 177 Sozialwohnungen eine goldene Nase verdienten. Die Wohnungen wurden nach zu niedriger Bewertung an Geschäftsfreunde veräußert und später um ein Vielfaches gewinnbringend weiterverkauft.
Dieser Verdacht steht auch bei „Die Eigentum“ im Raum. Außerdem soll es zu einem illegalen Vermögensabfluss aus der Konkursmasse gekommen sein. Die Gesellschaft hatte 2021 Insolvenz angemeldet. Ein Teil der zunächst vorhandenen Aktiva fehlt.
Lange Vorgeschichte
Die Vorgeschichte ist lang und komplex: Nach dem Tod des Vorbesitzers Alfred Schütz im Jahr 2010 geriet die damals noch in Wien ansässige Gesellschaft in die Hände neuer Eigentümer.
Diese verlegten den Unternehmenssitz 2014 von Wien nach Vösendorf, nachdem die Wiener Aufsichtsbehörde wegen dubioser Vorgänge ein Verfahren eingeleitet hatte. Wegen Verstößen gegen das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) entzog der Siedlungsgesellschaft schließlich 2016 die zuständige niederösterreichische Behörde die Gemeinnützigkeit.
In einem solchen Fall werden hohe Sanktionszahlungen an das jeweilige Bundesland fällig. Damit soll verhindert werden, dass das Unternehmen aus dem Entzug Profit schlägt. Bei der „Eigentum“ wurden 18 Millionen an vorläufiger und mehr als 53 Millionen Euro an endgültigen Geldleistungen errechnet.
Anstatt wenigstens erstere gleich einzutreiben, vereinbarte das Land mit der „Eigentum“ eine Ratenzahlung, die das Gesetz aber nicht vorsieht. Letztlich flossen, wie berichtet, gerade einmal 6,6 Millionen Euro an das Land NÖ, ehe das Unternehmen in Konkurs ging.
Das rief zuletzt die Landes-FPÖ auf den Plan, die zahlreiche Anfragen zu der Causa einbrachte und die Einberufung eines U-Ausschusses fordert.
Das nun anhängige Verfahren ist übrigens nicht das einzige gegen den Geschäftsführer. Erst vor wenigen Tagen hat die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt gegen ihn Anklage nach Paragraf 33 des Finanzstrafgesetzes erhoben.
Als Geschäftsführer der Wohnbaugesellschaft „Die Eigentum“ soll er demnach 1,3 Millionen Euro an Umsatzsteuer hinterzogen haben. Angeklagt ist außerdem der Versuch, 750.000 Euro an Körperschaftssteuer am Fiskus vorbei geschleust zu haben. Ein Prozesstermin steht noch nicht fest.
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