Femizide: Wien investiert mehr in Gewaltschutz

WIEN BAUT GEWALTSCHUTZ AUS: LUDWIG / GAAL / EMMERLING
Ab kommendem Jahr gibt es drei Millionen Euro mehr für Opferbetreuung und Täterarbeit.

Die Stadt Wien erhöht die Mittel für den Gewaltschutz ab dem kommenden Jahr um drei Millionen auf zehn Millionen Euro jährlich. Das gaben Bürgermeister Michael Ludwig, Frauenstadträtin Kathrin Gaal (beide SPÖ) und Neos-Klubobfrau Bettina Emmerling am Dienstag bekannt.

"Es ist zuletzt immer wieder zu sehr bedauernswerten Fällen gekommen, die deutlich gemacht haben, dass Gewalt gegen Frauen noch immer ein großes Thema ist", sagte Ludwig angesichts von bereits 14 Femiziden in Österreich in diesem Jahr.

Zwar gebe es in Wien bereits "ein dichtes Netzwerk an Einrichtungen". Der Stadtregierung sei es aber wichtig, "dass sich dieses Präventionsnetzwerk weiter verzweigt", sagte der Bürgermeister.

Hilfe für Opfer und Täter

Um das zu erreichen, setzt die Stadt auf ein breites Maßnahmenpaket. So werden einerseits die Förderungen für Gewaltschutzvereine auf zwei Millionen Euro jährlich verdoppelt, andererseits die Mittel für Präventions- und Täterarbeit auf 150.000 Euro verdreifacht. "Wir wissen, dass man in der Jugendarbeit möglichst früh ansetzen muss", sagte Ludwig. Männliche Kinder und Jugendliche dürften nicht in dem Glauben aufwachsen, "dass Frauen ihr Besitz sind und der Entzug dieses Besitzes sie legitimiert, gewalttätig zu werden". Das Ziel sei es, "Gewalt bei jungen Männern zu stigmatisieren".

Die Gesellschaft sei darauf angewiesen, dass die Regeln für ein friedliches Miteinander von allen eingehalten werden, ergänzte Vizebürgermeisterin und Frauenstadträtin Gaal. Es sei "absolut inakzeptabel, wenn Mädchen und Frauen um ihre Sicherheit fürchten müssen". Das sei aber oft schwierig, befänden sich Frauen doch oft familiär und beruflich in einem Abhängigkeitsverhältnis. Daher sei es besonders wichtig, niederschwellige Angebote zu schaffen, die vertraulich, anonym und kostenlos Unterstützung bieten.

Gewalt gegen Frauen dürfe keinen Platz in Wien haben, betonte auch Neos-Klubchefin Emmerling. Die "beispiellose Serie an Gewalttaten gegen Frauen" bis hin zu Femiziden werde man "auf keinen Fall akzeptieren". Sie hob hervor, dass derartige Vorfälle unabhängig von Bildungsstandards oder Einkommen auftreten. Auch seien alle ethnischen oder religiösen Zugehörigkeiten betroffen.

Mehr Prävention in Schulen

Darum soll nun auch in den Schulen verstärkt gegen problematische Rollenbilder angekämpft werden. Das bestehende Programm "Respekt. Gemeinsam Stärker" wird um einen Gewaltschutz-Schwerpunkt erweitert. Das Thema Gleichberechtigung soll dabei verstärkt thematisiert werden. Weiters ist eine Wien-weite Informations- und Bewusstseinskampagne geplant, die sich als Schwerpunkt der Zivilcourage widmet.

Die Stadt errichtet zudem ein fünftes Frauenhaus mit 50 Plätzen, die Eröffnung ist im zweiten Halbjahr 2022 geplant. Damit werde die Istanbul-Konvention - in der entsprechende Schutzmaßnahmen festgehalten sind - von Wien als einzigem Bundesland übererfüllt, betonte Ludwig. Zudem wird bis 2023 eine bestehende Einrichtung in ein eigenes Frauenhaus für junge Betroffene - im Alter bis 22 Jahren - umgewandelt.

Gewalt von Männern gegen Frauen gibt es in allen sozialen Schichten, Nationen, Familienverhältnissen und Berufsgruppen. Morde an Frauen können auch Femizide sein. Der Begriff soll ausdrücken, dass hinter diesen Morden oft keine individuellen, sondern auch gesamtgesellschaftliche Probleme wie etwa die Abwertung von Frauen und patriarchale Rollenbilder stehen.

Hilfe für Gewalt-Betroffene gibt es hier:

Frauenhelpline (Mo – So, 0 – 24 Uhr, kostenlos), 0800 / 222 555
Männernotruf: (Mo – So, 0 – 24 Uhr, kostenlos), 0800 / 246 247

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