Fall Leonie: Mädchen soll mehrfach missbraucht worden sein

Mordfall Leonie in Wien-Donaustadt
Laut aktuellem Ermittlungsstand. Mädchen soll 16-Jährigen in Wien getroffen und dann in Wohnung begleitet haben.

Dem aktuellen Ermittlungsstand zufolge geht die Polizei davon aus, dass die getötete 13-Jährige, deren Leiche am vergangenen Samstag von Passanten auf einer Grünfläche in Wien-Donaustadt gefunden wurde, mehrfach missbraucht worden sein dürfte. Wie die APA am Freitag in Erfahrung brachte, sollen sich zumindest zwei Tatverdächtige in der Wohnung eines am Montag festgenommenen 18-Jährigen an dem Mädchen vergangen haben. Offizielle Bestätigung gibt es dafür vorerst keine.

Mittlerweile befinden sich in dieser Sache drei mutmaßliche Täter bzw. Mittäter - allesamt gebürtige Afghanen im Alter von 16, 18 und 23 Jahren - in Haft. Nach einem Landsmann der drei und möglichen vierten Tatbeteiligten - er ist 22 Jahre alt - wird über die Landesgrenzen hinaus gefahndet.

Drogen in der Wohnung konsumiert

Inzwischen dürfte geklärt sein, wie die 13-Jährige aus dem Bezirk Tulln in die Wohnung des 18-Jährigen gekommen ist. Informationen der APA zufolge kannte sie den 16-Jährigen, hatte diesen am vergangenen Freitag in Wien getroffen und soll ihn später in die Wohnung des 18-Jährigen begleitet haben. In die Wohnung soll in weiterer Folge auch der 23-Jährige gekommen sein, wobei derzeit davon ausgegangen wird, dass dieser Mann die Drogen mitbrachte, die der 13-Jährige verabreicht wurden bzw. die die 13-Jährige konsumiert haben dürfte.

Ob das Landesgericht für Strafsachen über die am Montag festgenommenen 16 bzw. 18 Jahre alten Tatverdächtigen die U-Haft verhängt, dürfte sich am Freitag entscheiden. Der am Mittwoch festgenommene 23-Jährige wurde unterdessen von der Polizei als Beschuldigter einvernommen. Zur Frage, ob und in welche Richtung er sich zum gegen ihn gerichteten Verdacht geäußert hat, hüllte sich die Landespolizeidirektion auf APA-Anfrage vorerst in Schweigen.

Versagen in Gewalt-Prävention kritisiert

Opferschutz-Expertinnen prangern nach dem Tod einer 13-Jährigen in Wien Versäumnisse in der Prävention von Gewalt an. Da zumindest drei der vier unter Tatverdacht stehenden jungen Afghanen polizeibekannt bzw. vorbestraft waren, liege der Verdacht nahe, dass diesbezügliche Warnsignale übersehen oder nicht ernst genug genommen worden sein könnten, hieß es bei einer Pressekonferenz der Allianz Gewaltfrei leben, der rund 30 Frauen- und Opferschutzorganisationen angehören.

Rosa Logar von der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie forderte frühzeitige Gewalt-Screenings, die alle beteiligten Einrichtungen, von der Polizei über die Spitäler bis zur Bewährungshilfe, aktiv durchführen müssten. "Man muss solchen Hinweisen nachgehen, auch wenn ein anderes, etwa ein Drogendelikt, angezeigt wird", forderte sie. Wird jemand wegen einer mit einer höheren Strafe bedrohten Tat, etwa Drogenhandel, verurteilt, kämen Hinweise auf Gewaltbereitschaft "dahinter" gar nicht mehr vor.

Mit dem durch Screenings erlangten Wissen müsse man aber auch etwas tun können: "Es gibt derzeit kein Gremium, es gibt keine 'Gewalt-Lawinenkommission', die sich dann zusammensetzt", kritisierte Logar. Sie fordert solche Kommissionen, die laufend tagen und sich mit Hochrisikofällen auseinandersetzen sollen, für jedes Bundesland.

"Dahinter schauen"

Im Fall der 13-Jährigen stelle sich ihr die Frage, ob Jugend- und Bewährungshilfe "zu sehr auf die Drogendelikte geschaut" hätten und "frauenfeindliches Gedankengut nicht aufgefallen ist", gab auch Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF), zu bedenken: "Morde kündigen sich immer an." Es sollten daher viel mehr Gefährlichkeitseinschätzungen vorgenommen werden. "Wir müssen 'dahinter' schauen und das Gewalt- und Aggressionspotenzial im Blick haben", appellierte Logar. "Gewalt wird oft unter 'ferner liefen' gehandelt, daraus kommt aber die Eskalation."

Zu oft würden Opfer hören, "die Suppe ist zu dünn", acht von zehn Anzeigen wegen Gewaltdelikten würden eingestellt, erinnerte Logar, die die größte heimische Opferschutzeinrichtung mit mehr als 6.000 Fällen jährlich leitet. Beschuldigte bekämen dann den Eindruck, es handle sich "um Bagatelldelikte".

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