Experte warnt vor Gelsenplage
Das wird eine Gelsen-Katastrophe“, warnt der Ökologe und Gelsenexperte Bernhard Seidel. „Sie werden in richtigen Wolkenschwärmen auftreten. Diese Plage sprengt unsere Vorstellung.“ Der Stechmückenexperte, der in Niederösterreich ein Ingenieursbüro zur Gelsenbekämpfung führt, polarisiert und ist für so manches Horrorszenario bekannt, das er zeichnet. Jetzt warnt Seidel vor den Gelsen , die über die Besucher des Wiener Donauinselfestes (21. bis 23. Juni) herfallen könnten.
Schon im Jahr 2010 seien die Menschen beim Donauinselfest vielfach gestochen worden. „In der Dämmerung wird es dann unerträglich“, meint Seidel und nimmt auch die Behörden in die Pflicht: „Es wurde wieder nichts getan, und jetzt ist es zu spät.“
Unverständnis
Beim Donauinselfest-Organisatorenteam der SPÖ Wien kann man über Seidels Ausführungen nur den Kopf schütteln: „Laut Prognose der zuständigen MA 45 wird es kein erhöhtes Gelsenaufkommen geben“, betont eine Sprecherin. Deshalb seien auch keine Gegenmaßnahmen notwendig. Nachsatz: Auch 2010 habe es keine Spur von einer Gelsenplage beim Festival gegeben.
Anzunehmen ist jedenfalls: 2013 wird wohl wieder ein „Gelsenjahr“.
Denn während die Überschwemmungsgelse bis spätestens Mitte Juli verendet ist, steigt das Vorkommen der Hausgelse bis dahin erst richtig an. „Die Population könnte um das drei- bis vierfache, wenn nicht um das zehnfache des Üblichen übersteigen“, prognostiziert Seidel.
"Explosionsartig"
Durch das Hochwasser würden die vorhandenen Gelsenbestände „explosionsartig“ schlüpfen. Die Schwärme bleiben aber nicht auf das Schlüpfgebiet beschränkt, sondern können bis nach Wien gelangen. Hinzu kommt, so Seidel, dass Gelsen auch immer mehr zum Überträger von Virus-Infektionen werden. Die Folge solcher Infektionen können etwa grippeähnliche Symptome sein.
Nach dem Hochwasser im Jahr 2002 sei etwa der Usutu-Virus verstärkt aufgetreten, bis zu 2000 Menschen könnten damals daran erkrankt sein. „Behördlich wurde der Virus aber nicht registriert“, meint Seidel.
Fest steht jedenfalls: Die Gelsen kommen. Schützen kann man sich durch helle, langärmelige Kleidung und Gelsenschutzspray. Und: kein stark duftendes Parfüm auftragen, das lockt die Tiere erst an.
Die Stars am 30. Donauinselfest
„Gelsen gehen zu Recht jedem auf die Nerven“, sagt Mark Hofstetter, Obmann des Vereins GEBL (Gelsenbekämpfung Leithaauen). Seit 2010 versucht der Chemiker gegen die Gelseninvasion in insgesamt zwölf Orten im Leithagebirge (Bruckneudorf, Ebergassing, Höflein, Berg, Potzneusiedl, Rohrau, Enzersdorf, Götzendorf, Prellenkirchen, Trautmannsdorf, Mannersdorf, Bruck/Leitha) anzukämpfen. „Man muss den Gelsen die Brutmöglichkeit wegnehmen“, sagt Hofstetter. Doch so einfach, wie es sich anhört, ist die Bekämpfung der Insekten freilich nicht.
Noch bevor die Larven schlüpfen, werden die Eier der Gelsen vernichtet. Dazu wird der Wirkstoff BTI – ein ökologisches Insektizid – in die Brutstätten der Gelsen gespritzt und die rasche Vermehrung der Insekten kann gestoppt werden.
Viel Spielraum für die Vernichtung bleibt dem Verein nicht: „Wir haben ein Zeitfenster von zirka 14 Tagen, in denen wir die Larven bekämpfen“, sagt Hofstetter. In jenen Orten, in denen BTI angewendet wird, sei die Population der Gelsen weitaus geringer als in Orten, wo BTI nicht angewendet wird.
2013 ist der Kampf gegen die Gelsen noch mühsamer, als in einem „normalen“ Jahr: Zu den Überschwemmungsgelsen kommt der Anstieg an Hausgelsen noch dazu.
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