Erster städtischer Treff für Senioren unterm Regenbogen in Wien

Sekt Orange, Brötchen und eine DJane, die Party-Hits auflegte: Der Senioren-Treff Mariahilf präsentierte sich am vergangenen Freitag bestens besucht und außergewöhnlich bunt.
Künftig sind im Seniorentreff Mariahilf einmal im Monat schwule, lesbische und Transgender-Pensionisten explizit willkommen.

Die Botschaft des Nachmittags war unübersehbar: Regenbogen-Fahnen an der Wand, eine Regenbogen-Torte beim Buffet und DJane Mel Merio war zur Feier des Tages sogar im Regenbogen-Jumpsuit erschienen.

Jeden letzten Freitag im Monat heißt der Senioren-Treff Mariahilf künftig explizit Mitglieder der LSBTI*-Community (steht für lesbisch, schwul, bi-, trans- und intersexuell) und Freunde willkommen – zuerst zu einer Diskussionsrunde und anschließend zum Tango-Kurs für gleichgeschlechtliche Paare.

Am vergangenen Freitag fand die Auftaktveranstaltung statt. Der Saal des Kuratoriums Wiener Pensionisten-Wohnhäuser in der Gumpendorfer Straße 117 war bis zum letzten Platz gefüllt – mit Stammgästen des Pensionistenklubs und neugierigen Erstbesuchern.

Erster städtischer Treff für Senioren unterm Regenbogen in Wien

Der Senioren-Treff Mariahilf präsentierte sich vergangenen Freitag bestens besucht und außergewöhnlich bunt.

„Je älter man wird, desto schwieriger knüpft man nun einmal Kontakte“, sagt die 65-jährige Simone, die früher ein Mann war, und nimmt einen Schluck Sekt. „Und dann möchte man ja auch Menschen mit ähnlichen Interessen kennenlernen.“

Genau das war der Grund, weshalb Markus Gebhardt diese Eventreihe ins Leben gerufen hat. „Schwullesbische Menschen altern nicht anders, aber dennoch gibt es den Bedarf für Schutzräume“, sagt der 28-Jährige, der auch seine Masterarbeit zu „Queer Aging“ verfasst hat.

 

regenbogen.treff

Promis bei der Eröffnung: Bar-Legende Marianne Kohn, Schauspieler Erich Schleyer, DJane Mel Merio.

38.600 ältere Schwule und Lesben

Genaue Zahlen zu LSBTI*-Personen gibt es keine. Laut einer IFES-Studie lebten 2014 rund 38.600 ältere Schwule und Lesben in Wien. Sie eint, dass sie die Strafbarkeit der Homosexualität und die damalige gesellschaftliche Ablehnung miterlebt haben.

Erster städtischer Treff für Senioren unterm Regenbogen in Wien

Anschneiden der Regenbogentorte (v. li.): Günter Tolar, Stadtrat Jürgen Czernohorszky, Pensionisten-Wohnhäuser-Chefin Gabriele Graumann, Mariahilfs Bezirkschef Markus Rumelhart und Alfons Haider.

Dass auch heute noch Ressentiments vorherrschen – bzw. die Ängste davor – wurde Markus Gebhardt unlängst in der Buchhandlung Löwenherz (Fach-Buchhandlung für Schwule und Lesben, Anm.) wieder bewusst.

Die Mitarbeiter erzählten vom eMail eines langjährigen Kunden. Er bat, aus dem dortigen Verteiler genommen zu werden. „Ich muss die ersten Spuren meines Lebens verwischen“, schrieb der 90-Jährige. Er zog ins Pensionistenheim und fühlte sich gezwungen, dort als Hetero-Mann aufzutreten.

"Habe ja auch einen Neffen, der Transvestit ist“

Deshalb war es Gebhardt auch so wichtig, dass der Treff in der Gumpendorfer Straße ein inklusiver ist. Bewusst hat er einen Zeitpunkt gewählt, an dem der Pensionistenklub mit Stammgästen gut besucht ist.

Ihr erster Eindruck? „Ich find’s super“, sagt die 75-jährige Maria Sindelar. „Mir gefällt’s, neue Menschen kennenzulernen. Ich habe ja auch einen Neffen, der Transvestit ist.“

Auch dem Tanzkurs ist sie nicht abgeneigt. Entwickelt haben ihn Andrea Tieber und Sigrid Mark vom Duo Adanzas für gleichgeschlechtlichl(i)ebende Paare. Im Senioren-Treff seien auch Freundinnen eingeladen.

Weniger Vorsicht nötig

Auch Peter Oberortner könnte sich vorstellen, hier ein paar Schritte zu wagen. Er steht neben der angeschnittenen Regenbogentorte und lässt den Blick durch den Saal schweifen.

Erster städtischer Treff für Senioren unterm Regenbogen in Wien

Zur Feier des Tages wurde Regenbogentorte serviert.

Oberortner war früher Polizist. Seit 20 Jahren lebt er geoutet, vor vier Jahren war er Mitbegründer des Vereins „Gay Cops“, um jüngeren Kollegen Vorbild zu sein und Mut zuzusprechen.

Das Gefühl, sich verstecken zu müssen, hat er eigentlich nie. Trotzdem findet er Orte, an denen sich Gleichgesinnte treffen können, richtig gut: „Man muss dann einfach weniger aufpassen, was man sagt.“

Fakten & Initiativen

LSBTI*: Die Abkürzung steht für lesbisch, schwul, bi-, trans- und intersexuell.

Regenbogen-Treff: Stammtisch und Tanzstunde. Jeden letzten Freitag im Monat, 14 Uhr im Seniorinnen-Treff Mariahilf (6., Gumpendorfer Straße 117).  

50+ Prime Timers: Austausch und Freizeitgestaltung. Jeden dritten Dienstag  im  Monat, 18 Uhr im Gugg (4., Heumühlgasse 14).

Wechselgruppe: Austausch für lesbische Frauen in und nach den Wechseljahren. Jeden zweiten Dienstag  im Monat, 19 Uhr in der Türkis-Rosa-Lila Villa (6., Linke Wienzeile 102). Info:  an_gela@gmx.net

Club Kreativ: Ausflüge und Stammtisch in wechselnden Lokalen (www.clubkrea-tiv.at). Donnerstags um 19 Uhr.

Aus dem Rahmen: Bewusstseinsbildung für die Situation älterer LSBTI-Personen.

Gay Cops: Austausch und Rat zu LSBTI* und Polizei. Info: vereingca@gmail.com

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